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Rezensionen zu
Das Tal der Blumen

Niviaq Korneliussen

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Die 1990 geborene Niviaq Korneliussen erhielt als erste Grönländerin den Nordischen Literaturpreis. Das Tal der Blumen erzählt vom Leben in Grönland und vom Sterben in Grönland, denn die Insel hoch im Norden hat eine hohe Suizidquote, was Korneliussen in ihrem Roman ungeschönt benennt und beschreibt. Die junge Heldin, die noch bei ihrer Familie in der westgrönländischen Stadt Nuuk lebt, ist frisch verliebt in Maliina. Doch das Studium in Dänemark steht an und sie hadert damit, ihre Freundin zurückzulassen. Diese hat einen Job und eine eigene Wohnung. Sie selbst will auch unbedingt aus dem Elternhaus weg. Tatsächlich fühlt sie sich aber in Aarhus im Studentenwohnheim und an der Uni nicht richtig wohl. Sie fühlt sich wie eine Außenseiterin, zwischen den dänischen Kommilitonen, was diese mitunter, ohne es zu bemerken, mit verursachen. Sie tritt von Lerngruppen zurück, geht nur noch zu Vorlesungen und stellt schließlich auch das ein. Menschen, die ihr helfen wollen, lügt sie an. Und auch Maliina sagt sie nicht immer die Wahrheit, hat sogar eine Affäre. Die beiden wollen sich über die Weihnachtstage in Nuuk wiedersehen, doch als die Cousine von Maliina Suizid begeht, reist die Hauptfigur zu ihr in die ostgrönländische Stadt Tasiilaq, aus der Maliina stammt, um ihr beizustehen. Sie wird in der Familie herzlich aufgenommen. Der Ort mit seinen Bergen fasziniert sie und es zieht sie zum Friedhof, auf dem auch Gudrun begraben ist, das Tal der Blumen. Erschüttert darüber, dass dort nur namenlose Kreuze ohne Geburts- oder Sterbedatum, sondern mit Nummern stehen, beginnt sie zu recherchieren, wie viele Selbsttötungen es im Land gibt und welche Möglichkeiten die Kommunen zur Prävention anbieten. So erfährt sie auch, dass es bereits zwei Suizidversuche Gudruns vorab gab. „Grönland ist todgeweiht, und wir sind rechtzeitig abgehauen, du hast überlebt, wir haben überlebt“, sagt sie. „Es ist der Lauf der Natur, ein Volk aussterben zu lassen, das auf dieser Erde nicht zurechtkommt, survival of the fittest, wie es so schön heißt, und du hast überlebt. Du bist eine Überlebenskämpferin, du bist stark, nicht du bist es, mit der etwas nicht stimmt, bei den anderen stimmt etwas nicht.“ Sehr gut klingt durch, wie wenig Hilfe es gerade auch für junge Leute dort gibt. Beratungsstellen und Therapieplätze sind rar und mit langen Wartezeiten verbunden. Alkohol ist ebenso ein Thema, wie Missbrauch und Gewalt. Die lange Dunkelheit abwechselnd mit der Zeit der ständigen Helligkeit scheint zu Depressionen und psychischen Problemen beizutragen. Es wird geschildert, wie hoffnungslos Jugendliche ihre Zukunft empfinden und wie wenige es schaffen ein zufriedenes Leben zu führen. Auch die Hauptfigur schwankt und strauchelt, zweifelt an der Partnerin, an ihrer Liebe und vor allem an sich selbst. Auch in ihrer eigenen Familiengeschichte gab es Verluste, die sie prägten. Weil sie sich nicht gut genug fühlt, trennt sie sich von ihrer Partnerin von heute auf morgen und fliegt zurück nach Dänemark. Doch dort gibt es gar keinen Halt, sie wird zur Obdachlosen und stürzt immer tiefer ab. Gut, dass die Autorin das Ende offen lässt … Sprachlich empfinde ich den Roman wenig spektakulär. Im Gegenteil war mir manches eher zu derb und zu grob, besonders was die Körperlichkeit anging. Und doch gab es auch kurze Sequenzen, die poetisch und feinsinnig waren. Es war dann aber eindeutig die inhaltliche Thematik und die ferne Welt im Norden (die Landkarte lag immer neben mir), die mich vom Buch überzeugt hat. Ich habe einiges mehr über Grönland erfahren.

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Ich finde das Cover und den Titel wunderschön. Beides steht im krassen Gegensatz zum Inhalt und ist deswegen passend. In „Das Tal der Blumen“ steckt eine stark erzählte Geschichte und für mich eine ungewöhnliche und emotionale Überraschung. Denn das Tal der Blumen ist ein Friedhof auf Ostgrönland, einem Land mit einer immens hohen Selbstmordrate. Dort werden die Gräber mit bunten Plastikblumen geschmückt, die durch die langen Winter und die harten Witterung schnell dem Verfall anheim fallen. Es ist kein schöner Ort, kein idyllischer Ort. Das Leben von Korneliussens Ich-Erzählerin ist ebenfalls nicht schön und nicht idyllisch. Die Stimmung in ihrer jungen Generation ist depressiv und mit wenig Perspektive, einige ihrer Freund*innen haben bereits Suizid begangen. Ein Studium in Dänemark soll ihr neue Möglichkeiten eröffnen, obwohl ihr die räumliche Trennung von ihrer Freundin Maliina schwerfallen wird. Die Liebesbeziehung zwischen den beiden Frauen ist intensiv und zärtlich. Dänemark wird zur Katastrophe, die Erzählerin wird von Mitstudierenden als Grönländerin exotisiert und findet keinen Anschluss. Das Studiensystem versteht sie nicht und sie hat keine Kontrolle. Als Maliinas junge Cousine Selbstmord begeht, nutzt sie die Chance, zu ihrer Freundin zurückzukehren und sucht im Tal der Blumen nach Antworten. Warum sind so viele Menschen in ihrem Umfeld verzweifelt? Warum gibt es so wenig Hilfsangebote? Warum fühlt sie sich selbst so unzureichend und voller Schuldgefühle? Korneliussen hat mit “Das Tal der Blumen” einen sehr intensiven Roman aus der subjektiven Sicht ihrer Erzählerin geschrieben, und doch ist es auch ein politisches Buch. Ihre Erzählerin ist die Stimme einer ganzen Generation, ihre Probleme sind strukturell. Es ist ein lauter, verzweifelter Schrei nach Hilfe und Aufmerksamkeit, der in seiner poetischen und gleichzeitig rohen Sprache eine unglaubliche Dringlichkeit ausstrahlt. Korneliussen kontrastiert den großen Wunsch nach Schönheit, Liebe und Leben mit den realen und wenig schönen Details des Lebens. Das Tal der Blumen ist das perfekte Symbolbild für diesen Gegensatz. Das war für mich großartige, vielschichtige und emotionale Literatur! »Du darfst dir niemals von irgendwem sagen lassen, dass du nicht in diese Welt gehörst!«

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Für die Ich-Erzählerin in „Das Tal der Blumen“ steht eine große Veränderung an: In Kürze wird sie Grönland verlassen, um in Dänemark zu studieren. Sie geht mit gemischten Gefühlen, vor allem, weil sie doch gerade mit Maliina eine Beziehung aufgebaut hat, sich geöffnet, ihre Gefühle zum Ausdruck gebracht hat, was ihr nicht leicht fiel. In Dänemark fällt es ihr schließlich schwer, Fuß zu fassen, Grönländer:innen werden hier misstrauisch beäugt, zumindest herrscht Konsens, dass sie „anders“ sind. Schon zu Beginn des Romans macht Niviaq Korneliussen deutlich, dass das hier keine einfache Coming-of-Age-Geschichte ist: Jedem Kapitel steht eine kurze Aufzählung vor: Alter und Geschlecht eines Menschen – und die Art und Weise, wie sie/er sich das Leben genommen hat. In Grönland, so erfahren wir, ist die Suizidrate besonders hoch, was auch (aber nicht nur) mit dem fehlenden Licht, den sehr langen Wintern dort zu tun hat. Der Roman biegt schließlich ab, als Maliinas Cousine sich zu Hause in Grönland das Leben nimmt und die Ich-Erzählerin beschließt, ihrer Freundin beizustehen. So reist sie in die Heimat und beide versuchen verzweifelt, herauszufinden, wie es zu diesem neuen Suizid kommen konnte. Schließlich hat „Das Tal der Blumen“, übrigens die Bezeichnung eines Friedhofs mit namenlosen Gräbern, noch einen dritten Teil, der sich erneut von den beiden anderen unterscheidet. Mir hat gut gefallen, dass Korneliussens Protagonistin sehr direkt aus ihrem Leben erzählt, hier wird kein Blatt vor den Mund genommen, zum Beispiel die körperliche Seite ihrer Beziehung betreffend. Das mag kurz gewöhnungsbedürftig sein, ist aber auch erfrischend. Der Autorin gelingt es außerdem sehr gut, die etwas merkwürdig anmutenden Familienverhältnisse ihrer Heldin auszuleuchten, denn ihre Eltern benehmen sich zuweilen durchaus etwas seltsam ihrer Tochter gegenüber. Nach und nach wird der Roman immer mehr zu einem Psychogramm der Protagonistin, vor allem im letzten Teil, über den ich aber nicht mehr verraten möchte. „Das Tal der Blumen“ beschäftigt sich mit einem wichtigen, einem sehr ernsten, erschütternden Thema: den so häufigen Suiziden in Grönland, den Umgang damit, auch von staatlicher Seite. Letztlich ging das Romankonstrukt für mich nicht komplett auf, fehlte mir ein wenig die Konsequenz vor allem auf der Plotebene, obwohl ich auf der anderen Seite erkenne, dass eine Geschichte wie diese keinen Regeln folgen muss – im Gegenteil. So kann ich nicht ganz genau sagen, weshalb „Das Tal der Blumen“ bei mir nicht ganz einschlagen konnte. In jedem Fall ist es ein wichtiger, lesenswerter Roman.

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Sie hat das ganze Leben noch vor sich. Vermeintlich. Sie ist gerade im Begriff, sich von ihrer Familie abzunabeln, zum Studium nach Dänemark zu gehen und ihrer Heimat Grönland ein Stück weit den Rücken zu kehren. In dieser Zeit des Umbruchs tritt Maliina ihr Leben, und eine zarte Liebe erblüht, die sie zunächst nicht wirklich wahrhaben will, scheint ihr so viel Glück doch zu viel des Guten zu sein. Doch die Beiden raufen sich zusammen, gestehen sich ehrlich und direkt ihre Gefühl füreinander, gehen eine Beziehung ein, auch auf die Gefahr hin, an der großen Distanz zwischen Grönland und Dänemark zu scheitern. Im fernen Europa gelingt es ihr nur mühevoll, Anschluss zu finden, scheinen Grönländer*innen doch hier einen Exot*innenstatus zu genießen. Eine Hiobsbotschaft erreicht sie: Maliinas Cousine nimmt sich das Leben, ein weiterer Suizid in ihrer unmittelbaren Umgebung. Um ihrer Freundin zur Seite zu stehen, reist sie in die Heimat und besucht dort auch das „Tal der Blumen“, einen Friedhof für namenlos bleibende Tote, die selbst für die Beendigung ihres Lebens gesorgt haben. In ihr beginnt, etwas aufzubrechen und schließlich zu zerbrechen... „Du warst eine tickende Zeitbombe. Alle schienen nur darauf zu warten, dass es dir gelingen würde, du konntest nicht gerettet werden, du konntest dich nicht selbst retten, weil keiner daran geglaubt hat, dass es dir gelingen würde“ (S. 151) In Grönland ist die Quote der Suizid-Toten am höchsten, ein Faktum, das die bildet Grundlage für die Erzählung um die namenlose Protagonistin, die sich in ihrem Leben immer wieder mit dem selbst gewählten Lebensende von Freund*innen und Verwandten auseinandersetzen muss. Diese Konfrontation zerrt an ihrer Seele und führt zu einem ungleichen Kampf. Niviaq Korneliussen breitet ein Panorama der mir bislang völlig unbekannten Gesellschaft Grönlands aus, exemplifiziert an ihrer Ich-Erzählerin eine Generation junger Menschen, die sich einer gewissen Perspektivlosigkeit gegenübersieht. Auch die meteorologischen Umstände, die lang anhaltende Dunkelheit, sorgen für Schwermut und anhaltende Depressionen, Gemütszustände, die die Jugendlichen an den Rand des Ertragbaren führen. Die Protagonistin versucht, diesem Schicksal zu entgehen, sich eine Zukunft aufzubauen. Auch die Beziehung zu Maliina lässt sie hoffen, auch wenn es ihr schwerfällt, diesen positiven Emotionen zu vertrauen. Korneliussen lässt ihre Ich-Erzählerin wie ein gespanntes Gummiband auf die Welt los, zunehmend unberechenbar in ihren Reaktionen. Hat man als Leser*in zu Beginn hauptsächlich das Gefühl, über das Leben einer etwas schrägen, unsicheren jungen Frau zu lesen, so nimmt die Fragilität ihrer seelischen Konstitution mit fortschreitender Lektüre immer weiter zu. Korneliussen streut zu Beginn ihrer Kapitel Details über Suizid-Opfer ein und setzt damit einen klaren Ton für ihren Roman, kreiert eine Atmosphäre voller drohendem Unheil am Horizont. Gerade im letzten der drei Teile ziehen sich die erzählerischen Schlingen immer weiter zu und kulminieren in einem auch sprachlich-metaphorischen Gedanken- und Gefühlsstrom. Mit ihrer kreativen Narration, die das Innenleben der Protagonistin pointiert illustriert, macht Niviaq Korneliussen nahezu alles richtig. Ihre Erzählkomposition und -konstruktion ist stringent, nachvollziehbar und gleichzeitig besonders, ihre Figuren sind von mehrdimensionaler Tiefe, und sie schafft es brillant, ein so brisantes Thema wie die Häufigkeit von Selbstmorden in einer Gesellschaft zu einer persönlichen Geschichte voller Emotionen zu formen. Minimer Wehmutstropfen: Eben diese Emotionalität wollte sich bei mir final nicht mit vollster Wucht einstellen, ließ mich ein wenig auf Distanz, ohne dass ich diese konkret kausal benennen könnte. Deswegen: ein großartiger Roman, der uns Grönland und seine Einwohner*innen ein ganzes Stück näherbringt!

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Optisch eines der schönsten Bücher 2023 - und inhaltlich eines der heftigsten ist „Das Tal der Blumen“ der grönländischen Autorin Niviaq Korneliussen, die für diesen Roman mit dem Nordischen Literaturpreis ausgezeichnet wurde, dem wichtigsten Buchpreis der nordeuropäischen Länder 🧡📚. Eine junge Grönländerin ist für ihr Studium gerade nach Dänemark gezogen und hat ihre Partnerin Maliina in ihrem Heimatland zurückgelassen. Dort angekommen, beschäftigen sie nicht nur die eigenen Schwierigkeiten, Anschluss im Unileben zu finden und die immense Sehnsucht nach Maliina zu bewältigen, sondern auch die gehäufte Selbstmordrate unter (meist) jungen GrönIänder*innen. Als sich die minderjährige Cousine ihrer Partnerin das Leben nimmt, kehrt die Erzählerin in ihre Heimat zurück. Sie beginnt Nachforschungen über die Beweggründe anzustellen und erinnert sich in Rückblenden an die dunklen Seiten ihrer eigenen Familiengeschichte; gleichzeitig gerät ihre eigene Psyche immer mehr ins Schlingern. Sie hadert mit ihrem Gewicht, fühlt sich nirgends zu Hause, immer wieder erfährt sie Rassismus in vielerlei Ausprägungen. Die Autorin schreibt eindringlich und schonungslos über die Verzweiflung der Menschen in Grönland, die nur den Tod als Ausweg sehen. Den Roman durchziehen alle paar Seiten kurze Einblendungen weiterer Fälle, die numerisch geführt werden. Wie sie es schafft, als weiteren Pfeiler des Romans auch die Liebesgeschichte einzubinden, die so leicht und sinnlich beginnt, finde ich überaus gelungen. Sie schreibt sehr direkt und offen über die Liebe zwischen Frauen, sehr körperlich, herb und intensiv. Das mag den ein oder anderen too much sein - für mich war es schlüssig und genial eingebettet in die Story. Mit der Protagonistin wurde hier eine widersprüchliche und unglaublich authentische Figur erschaffen, die mich sehr fasziniert und ja, auch mein Herz gebrochen hat. Aus dem Dänischen übersetzt von Franziska Hüther

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