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Rezensionen zu
Das Tal der Blumen

Niviaq Korneliussen

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€ 24,00 [D] inkl. MwSt. | € 24,70 [A] | CHF 33,50* (* empf. VK-Preis)

Sobald dicker Nebel über Akia auf der anderen Seite des Fjords aufgezogen ist, dauert es nur noch ein paar Stunden bis er Nuuk erreicht hat und dann scheint die Sonne in der Nacht einmal nicht. Am Abend vor ihrer Abreise nach Dänemark, enttäuscht sie problemlos ihre Anaana, um bei Maliina zu Abend zu essen. Maliina wird Rentier zubereiten, das sie selbst erlegt hat. Obwohl Maliina sie mit ihren freundlichen Augen ansieht ist sie nervös, redet viel und stellt zu viele Fragen. Ob sie ein Teil Maliinas‘ Leben sein darf, ob Maliina in zehn Jahren immer noch lesbisch sein wird. Als sie neben ihr liegt sind die Worte Liebe und Hoffnung in ihr gefangen, sie kann sie nicht rauslassen. But in the end a person needs more courage to live than to kill herself, schreibt Maliina in ihre Insta-Story, als ein fünfzehn jähriges Mädchen Selbstmord begangen hat. S.67 In Dänemark hat sie sich für das Studium der Anthropologie eingeschrieben. Sie musste weg aus Grönland, weg von ihrer Anaana, die auf ihr gluckt, aber keine Liebe zeigt, weg von ihrem Ataata, der nur vor sich hinbrummt und weg vor der Trauer, weil ihre Aanaa gestorben ist. In Dänemark fühlt sie sich anders, mit ihrer schmutzig braunen Haut und ihren dunklen Schlitzaugen. Sie versteht den spöttischen Ton ihrer Kommiliton*innen nicht. Sie macht die Leute nervös, weil sie direkt und burschikos ist. Fazit: Ich bin hin und weg von dieser großartigen Geschichte, die völlig zurecht ausgezeichnet wurde. Die Landschaftsbeschreibungen sind grandios. Die Thematik, dass etliche junge Menschen sich umbringen, weil sie depressiv sind und das Gesundheitssystem keine adäquate Hilfe anbietet schmerzt. Ganz Grönland scheint traumatisiert zu sein und diese Traumen an die nächsten Generationen weiterzugeben. Die Protagonistin, deren Einsamkeit und Entwurzelung, sie in die totale Verzweiflung führt, ist so gut gezeigt. Und obwohl das Buch weh tut, hat es auch komische Momente. Die Autorin spielt phantasievoll mit Symbolen, die die düstere, aussichtslose Atmosphäre betonen. Schwarze Raben, die die Protagonistin begleiten. Räudige Hunde, die einen Friedhof bewachen und Plastikblumen, die Gräber schmücken. Diese Geschichte ist so anders, dass ich ihr Unmengen Leser*innen wünsche, die ihren Horizont erweitern wollen.

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Die Suizidrate in Grönland ist die höchste der Welt, so viel vorweg. Doch was macht das mit den Menschen, die mit dem allgegenwärtigen Tod von Freund:innen und Personen aus der näheren und entfernteren Umgebung aufwachsen? Niviaq Korneliussen, selbst in Nuuk geboren und in Nanortalik, einem kleinen Ort auf einer südgrönländischen Insel, aufgewachsen, geht dieser Frage in ihrem neuen Roman nach. Sie weiß, wovon sie spricht, wenn sie ihre Protagonistin an der ewigen Dunkelheit des Winters und der nie untergehenden Sonne des Sommers verzweifeln lässt, außerdem am Leben in einer relativ kleinen Stadt wie Nuuk, wo nicht viel los ist und die soziale Kontrolle groß. Der Roman beginnt mit dem Aufbruch der namenlosen Protagonistin nach Dänemark, sie wird ein Studium in Aarhus aufnehmen und freut sich auf ihre neuen Freiheiten als Studentin. Einziger Wermutstropfen ist die Tatsache, dass sie ihre Freundin Maliina in Grönland zurücklässt, vor allem, da die Beziehung der beiden erst vor Kurzem begonnen hat und die Frage nach einer gemeinsamen Zukunft bisher noch nicht gestellt wurde. Doch in Aarhus angekommen, stellt sie schnell fest, dass sie von ihren Kommiliton*innen als Fremdkörper wahrgenommen wird, sie passt nicht hinein in die Gruppe dänischer Mittelschichtskinder, die sich zwar für aufgeklärt halten, jedoch die eigenen rassistischen Vorurteile nicht erkennen und sie deutlich spüren lassen, was sie von ihr und Grönländer*innen überhaupt halten. Auch das Studium an sich stellt sie vor unüberwindbar scheinende Hindernisse, sie verzweifelt zunehmend und versinkt mehr und mehr in ihrer Einsamkeit. Dann erfährt sie, dass sich eine Cousine von Maliina das Leben genommen hat. Sie reist nach Ostgrönland, um ihrer Freundin zur Seite zu stehen. Dort entdeckt sie auch das titelgebende Tal der Blumen, ein mit Plastikblumen geschmückter Friedhof. Die Konfrontation mit einem weiteren Suizid setzt etwas in ihr in Gang, das unumkehrbar zu sein scheint. Niviaq Korneliussen hat eine Struktur für ihren Roman gewählt, die die Unaufhaltsamkeit der Ereignisse immer deutlicher zutage treten lässt. In den Text eingestreut stehen Todesmeldungen, die rückwärts gezählt werden. Im ersten Teil, der mit „Sie“ betitelt ist, sind diese Meldungen distanziert („Frau, 25 Jahre. Erhängte sich in der Wohnung des Freundes.“). Der zweite Teil, „Wir“, kommt näher an die Protagonistin heran, es geht um ihre Beziehung zu Maliina und weiteren Familienmitgliedern, die Todesmeldungen hier sind ebenfalls persönlicher(„Du warst eine tickende Zeitbombe. Alle schienen nur darauf zu warten, dass es dir gelingen würde, du konntest nicht gerettet werden, du konntest dich nicht selbst retten, weil keiner daran geglaubt hat, dass es dir gelingen würde.“). Im dritten Teil, mit „Ich“ betitelt, wird der drohende psychische Zusammenbruch der Protagonistin immer deutlicher, sie kapselt sich ab und lässt niemanden mehr an sich heran („Früher fand ich Ruhe bei euch, ihr habt mich aus meiner Einsamkeit gezogen, jetzt bin ich am einsamsten, wenn ich in eurer Gesellschaft bin.“). Korneliussen verdeutlicht anhand der Ich-Erzählerin, wie sehr sich die gesellschaftlichen Strukturen eines ehemals kolonialisierten Landes auf die Einzelnen auswirken und wie stark kolonial geprägte Bilder in der Gesellschaft der ehemaligen Kolonialmacht nachwirken und das Scheitern der Grönländer*innen quasi vorwegnehmen. Der Text ist gleichzeitig rau und zart, man muss sich auf seine Sprache einlassen, um die Wut und die Wucht des Erzählten zu spüren. Mich hat das Buch jedenfalls sehr beeindruckt!

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Mein Leseeindruck: Eine junge Grönländerin verlässt zum Studium ihre Heimat, die Familie und ihre beste Freundin und grosse Liebe Maliina. Die Ich-Erzählerin geht nach Dänemark, fühlt sich dort ziemlich verloren und wird von ihren Studienkolleg*innen wohl mit unbewusst rassistischen Äusserungen immer wieder konfrontiert. Sie zieht sich zurück, vernachlässigt ihr Studium und leidet stark an Heimweh. Die beiden jungen Mädchen haben aneinander die grosse Liebe gefunden und zeigen sie auch mehr oder weniger öffentlich ihren Familien und Freunden. Als Maliinas junge Cousine Gudrun durch einen Suizid verstirbt bricht unsere Ich-Erzählerin Hals über Kopf zurück in ihre Heimat auf um der verstörten und verzweifelten Geliebten Maliina beizustehen..... Die Suizid-Rate unter jungen Menschen ist in Grönland ungewöhnlich hoch. Vielleicht auch bedingt durch die monatelange Dunkelheit, eine hohe Anzahl von depressiven Erkrankungen und den von der Gesellschaft akzeptierten exzessiven Alkoholmissbrauch. Dieses Buch mit dem schönen blumigen Cover und Titel beinhaltet diese ernste und traurige Thematik. Der Schreibstil der jungen Autorin Niviaq Korneliussen ist absolut ehrlich, manchmal sehr derb und oft körperbezogen. Das Buch besticht durch seine Thematik sowie durch seine sogartige und flüssige Ausdrucksweise. Eine Besonderheit, die manchen Leser*in auch schockieren kann , möchte ich noch erwähnen. Es ist in drei Abschnitte aufgeteilt, die sich SIE, DU, ICH, nennen. Im Abschnitt SIE werden vor jedem Abschnitt insgesamt 45 Suizide und deren Kurz- Beschreibung erwähnt. Die Themen, Tod, Sterben, Suizid, Sehnsucht nach einer inneren Heimat finden als indigener Mensch, spielen die Hauptrollen in diesem Buch. Der enge Zusammenhalt der Familien kann diese verzweifelten Selbstmordraten nicht auffangen. Und der dänische Staat ist mit klinischen Hilfs-Angeboten und Therapieplätzen schlichtweg überfordert. So wird es zumindest im Roman geschildert. Triggerwarnung: Es ist ein ernstes Buch und man sollte es nur bei absoluter seelischer Gesundheit lesen. Es ist sehr belastend für die Psyche und eher selten humorvoll. Aber die Darstellung einer Liebesbeziehung zwischen Frauen spielt eine ebenso wichtige und beeindruckende Rolle im Roman. Meine Bewertung: FÜNF ***** STERNE ! Mein Dank geht an die Autorin und den btb-verlag für das gebundene Rezensionsexemplar.

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Für Ihr neues Buch ‚Das Tal der Blumen‘ hat die junge grönländische Autorin Niviaq Korneliussen den Nordischen Literaturpreis bekommen, eine Premiere für ihr Heimatland Grönland. Es wird die Geschichte einer jungen Grönländerin erzählt, deren Namen im Buch nicht genannt wird und die sich entscheidet von Grönland nach Dänemark zum Studieren zu ziehen. Es fällt ihr schwer ihre geliebte Freundin Maliina und ihre gesamte Familie zurückzulassen. Ihre große Liebe Maliina ist so ganz anders als die Ich-Erzählerin, die als introvertiert, übergewichtig und nicht akzeptiert beschrieben wird, nämlich offen und voller Wärme, durchtrainiert und liebevoll. Deshalb ist es für die Erzählerin auch doppelt schwer sich in Dänemark zurechtzufinden, denn sie ist ständig dem Rassismus der Dänen den Grönländern gegenüber ausgesetzt. Es kommt soweit, dass sie wieder nach Grönland flieht. Ob es ihr gelingt ihr Leben wieder in den Griff zu bekommen und mit ihren Problemen fertig zu werden? Ein Buch, das unter die Haut geht und die Zerrissenheit der Protagonistin bis zum bitteren Ende aufzeigt. Jedes Kapitel beginnt mit einer Zahl, die von 45 ab runtergezählt wird bis zur 1 und somit die Suizide, die in Grönland in einem Jahr begangen werden, kennzeichnet. Das hat mich sehr betroffen gemacht und dem Buch eine sehr düstere Atmosphäre gegeben. Auf der anderen Seite hat die Autorin gezeigt, dass sie mit ihrem Land und den Menschen tief verwurzelt ist und eine große Liebe besteht. Vielen Dank an das Bloggerportal Random House für das Leseexemplar!

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„Das Tal der Blumen“ von Niviaq Korneliussen ist ein tiefgründiger und emotional intensiver Roman, der in die raue, triste, aber auch faszinierende Welt Grönlands entführt. Im Mittelpunkt steht eine junge Grönländerin, die sich mit Themen wie Identität, Liebe, Verlust und den sozialen sowie kulturellen Herausforderungen einer postkolonialen Gesellschaft auseinandersetzt. Der Roman ist strukturiert durch die Erwähnung von Suiziden, beginnend mit der Zahl 45, was der Anzahl der Selbstmorde in Grönland pro Jahr entspricht. Dieses wiederkehrende Element unterstreicht die tragische Realität in Grönland und ist ein zentrales Thema des Buches. Die Erzählung vermittelt dabei eindrucksvoll, wie jede*r in der kleinen Gemeinschaft von diesen tragischen Ereignissen betroffen sein kann. Die Protagonistin des Romans hat wenig Selbstwert, ist phasenweise extrem ambivalent, wirkt kühl, kämpft mit Selbstzweifeln und Homophobie in der Gesellschaft und sieht sich mit dem Rassismus in Dänemark konfrontiert, als sie dorthin zieht, um zu studieren. Ihre Beziehung zu ihrer großen Liebe Maliina bietet einen Kontrast zu den dunkleren Aspekten ihres Lebens. Sie ist DER Lichtblick, doch auch diese Beziehung ist von Herausforderungen geprägt: sie manipuliert diese Beziehung mit Maliina regelmäßig und dann insbesondere als Maliina selbst einen schweren Schicksalsschlag erlebt. Der Schreibstil ist ungeschönt, schnörkellos, wechselt zwischen Zärtlichkeit und Vulgarität, ist phasenweise auch sehr deprimierend. Dies spiegelt für mich auch die innere Zerrissenheit und Komplexität der Protagonistin wider. Der Roman bietet auch einen kritischen Blick auf die Folgen des Kolonialismus und die soziale Ungleichheit in Grönland, was bspw. die Therapiemöglichkeiten bietet bzw. die Möglichkeit junge Menschen von Suiziden abzuhalten. Die schönen Beschreibungen der Landschaft jedoch, bieten an vielen Stellen den Kontrast zu dem gefühlt, tristen Leben. Insgesamt ist „Das Tal der Blumen“ ein bewegendes Werk, das mich berührt und einen Einblick in die grönländische Gesellschaft geboten hat. Es fühlt sich so an, wie eine Liebeserklärung an Grönland und seine Menschen, vermischt mit bitterer Ironie und oftmals schlimmerer Realität; nämlich die einer Generation, die mit Perspektivenlosigkeit und vielen Herausforderungen konfrontiert ist. Der Hinweis im Buch, dass es keine tiefere Auseinandersetzung mit den Suiziden oder der Prävention gibt, hat mich nicht sonderlich erstaunt, wenn ich an die Parallelen zur Prävention von Femiziden denke. Auch wenn unsere Protagonistin in ihren Aussagen und Handlungen an einigen Stellen vielleicht „hysterisch“ oder überbordend daherkommt, kann ich mir durchaus vorstellen, dass es sich so im Inneren vieler jungen Menschen abspielt. In der Mitte des Romans hatte ich kurz das Gefühl, ich bekomme irgendwie keine Connection zur Hauptfigur, aber jetzt, nach Beendigung muss ich sagen, dass ich dieses Stilmittel als passend empfinde! #leseempfehlung denn das Buch hat mich sehr gut unterhalten!

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Am liebsten würde ich jetzt sofort eine Reise nach Grönland unternehmen

Schuler Bücher AG

Von: Christine Deubelbeiss aus Chur

12.01.2024

Das erste Mal in der Geschichte des Nordische Literaturpreises geht dieser nicht an Norwegen, Schweden, Dänemark oder Island – nein, er geht nach Grönland! Wir lesen von einer jungen Frau, die für ein Studium in Dänemark ihre grosse Liebe in Grönland zurücklässt. Ihr Elan wird in Dänemark aber jäh gebremst. Sie wird ausgegrenzt und schnell als vulgäres und alkoholabhängiges Klischee abgestempelt. Mit jedem Kapitel strudelt sie weiter runter. Ist die Sprache anfangs recht grob und derb, wird sie im Verlauf der Geschichte immer feinsinniger. Und je weniger Seiten noch zu lesen sind, desto unglücklicher wird die ganze Situation. Wir können nichts machen, ausser zuschauen und hoffen, dass die junge Frau noch einen Menschen trifft, der ihr hilft. Niviaq Korneliussen greift in ihrem Roman ein grosses und dramatisches Thema auf. Fast jede Woche begeht in Grönland jemand Suizid. Fast alle in Grönland kennen mindestens eine Person, die sich das Leben genommen hat. Und Hilfe für die Betroffenen gibt es praktisch keine. Absolut keine Wohlfühlliteratur, aber auf eine ganz interessante Art schön zu lesen. Am liebsten würde ich jetzt sofort eine Reise nach Grönland unternehmen, um mir diesen Ort, der mit so vielen Vorurteilen und Problemen zu kämpfen hat, selbst anzuschauen.

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Zu Beginn steht die junge Ich-Erzählerin kurz davor, Grönland Richtung Dänemark zu verlassen, um mit ihrem Studium zu beginnen. Dafür muss sie ihre Partnerin Maliina zurücklassen, was sehr schmerzt, denn die beiden kennen sich erst seit wenigen Monaten und sind sehr verliebt. Doch sie will weg von ihrer Familie und will sich eine Zukunft aufbauen, fern von diesem Land, in dem es entweder rund um die Uhr dunkel oder hell ist, in dem Alkohlmissbrauch auf der Tagesordnung steht und der Bevölkerung Suizid als eine Art Kultur unterstellt wird. In Dänemark angekommen findet die junge Frau sich aber überhaupt nicht zurecht. Vom Rassissmus ihren dänischen Kommiliton:innen schnell zur Außenseiterin, zur vulgären und faulen Indigenen, gemacht, wird es zum Kampf Anschluss zu finde und das Studiensystem zu verstehen. „Mitten in der Vorlesung kommt er lautlos zu mir rüber, setzt sich neben mich und schaut auf meinen Mund. Dann schreibt er etwas auf ein Stück Papier. Bist Du das, die so nach Alkohol stinkt?, steht auf dem Zettel, den er mir hinhält.“ Die Sehnsucht nach Maliina tut ihr Übriges um aus der zwar schon fragilen, aber eigentlich lockeren Frau, die sich durchaus neugierig auf's Leben zeigt, eine in sich gekehrte Person zu machen. Von Anfang an machen die Notizen, welche die Kapitel abgrenzen, aber schon klar, dass sehr viel mehr hinter dieser Geschichte steckt, als eine queere coming-of-age Erzählung. Denn jede dieser Abgrenzungen verweist mit Geschlecht, Alter und Todesursache, auf eine Person, die Suizid begangen hat. Von 45 bis 1 zählt Niviaq Korneliussen diese Kapitel runter – soviele Selbsmorde gibt es durchschnittlich pro Jahr in Grönland und bei einer Bevölkerung von 56 000 kennt so jeder mindestens eine:n der Verstorbenen – so auch die beiden Protagonistinnen: Maliinas Cousine Gudrun erhängt sich mit siebzehn Jahren. Sie kehrt nach Grönland zurück um ihrer Partnerin zur Seite zu stehen. Die beiden beginnen Nachforschungen anzustellen und erfahren, dass es für Gudrun ebenso wenig Hilfe gab, wie für die Grönländer:innen allgemein: Die Hotlines machen Dienst nach Vorschrift, verweisen auf ihren Feierabend und andere Stellen, die vielleicht helfen können und in den Krankenhäusern werden psychische Erkrankungen nicht Ernst genommen, man versucht die hilfesuchenden Patienten schnell wieder loszuwerden. "Wir haben heute viele Patienten [...]. Ich würde vorschlagen, du erzählst das entweder jemandem, dem du vertraust, oder du fragst bei der Gemeinde nach, ob es dort einen Erwachsenen gibt, der dir helfen kann." In dieser Zeit und Umgebung zerbricht etwas in ihr und der zu Beginn des Romans derbe und grobe Ton wandelt sich in eine erzählerisch sehr dichte und atmosphärisch unheilvolle, düstere Diktion. Die Themen Identität und innerer Halt gewinnen an Bedeutung und ein Happy End wird Satz für Satz unmöglicher ... Ein heftiger und sehr lesenswerter Roman, der mich zwar anfänglich aufgrund der Grobheit der Sprache eher abgestoßen hat, sich dann aber beachtlich entwickelt hat! #leseempfehlung Ach ja - das Tal der Blumen ... Nun, so heißt einer der Friedhöfe in Ostgrönland. Ein Friedhof für die, die namenlos bleiben - nur Nummern stehen auf den Kreuzen - für die, die sich selbst getötet haben und auf deren Gräbern Plastikblumen liegen.

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Erschienen am 01.11.2023 beim btb Verlag und aus dem Dänischen übersetzt von Franziska Hüther. Der Roman erschien in der Originalsprache bereits 2020 und wurde 2021 mit dem Literaturpreis des nordischen Rates ausgezeichnet. Der Titel des Buches klingt erstmal so schön malerisch, jedoch handelt es sich bei dem Tal der Blumen um einen Friedhof. Denn wusstet ihr, dass Grönland eine der höchsten Selbstmordraten der Welt hat? Suizid ist dort die dritthäufigste Todesursache und betrifft vor allem junge Leute und Menschen in dörflichen Regionen. Der Roman hat drei Teile. Er ist in 45 Kapitel unterteilt, die jeweils mit einem Suizidfall überschrieben sind und abwärts zählen. Hier beschreibt die Autorin ziemlich genau, wie sich die Menschen suizidiert haben. Wahrscheinlich um die Fälle greifbarer zu machen, z. B.: „39. Frau, 25 Jahre. Erhängte sich in der Wohnung des Freundes“. Teil 1: Unsere namenlose Protagonistin wächst in Grönland in seltsamen Familienverhältnissen auf, führt eine Beziehung mit Maliina und will eigentlich nur raus. Sie bricht auf, um in Dänemark zu studieren. Hier findet sie leider keinen Anschluss bei ihren Kommiliton:innen und wird sogar von ihren Mitstudierenden diskriminiert Teil 2: Die Hauptprotagonistin reist zurück nach Ostgrönland, um Maliina zu unterstützen. Ihre Cousine hat sich umgebracht. Beide Frauen begeben sich auf Spurensuche nach dem Grund für diesen Suizid. Teil 3: Anschließend reist unsere namenlose Protagonistin zurück nach Dänemark an die Uni, wo sie selbst mit Suizidgedanken zu kämpfen hat. Der Roman ist tiefgründig und sehr politisch. Es geht unter anderem um Homophobie, Diskriminierung aber auch um generelle Probleme der Gesellschaft. Das Gesundheitssystem bietet für Menschen mit Suizidgedanken keine Hilfe. Sie werden nicht verstanden und von Ärzten weggeschickt. Die Autorin schafft es, uns in die Köpfe der Betroffenen reinzulassen. Leider bin ich dennoch nicht so richtig mit dem Buch warmgeworden. Die Protagonistin wirkte auf mich etwas unnahbar und deshalb konnte ich mich schlecht in sie hineinversetzen.   Ich würde den Roman nicht uneingeschränkt allen Leser:innen empfehlen, da die abgehandelten Themen aufwühlen können, halte ihn aber für lesenswert.

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