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Rezensionen zu
Das versteinerte Herz

Abdulrazak Gurnah

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€ 26,00 [D] inkl. MwSt. | € 26,80 [A] | CHF 35,50* (* empf. VK-Preis)

Ein Roman, der zeigt wie das Schweigen in einer Familie, die nicht gesagten Worte, das Leben eines Einzelnen bestimmen können. Ein Roman, der mich tief getroffen hat und etwas hoffnungslos zurücklässt. "Mein Vater wollte mich nicht. Als ich das merkte, war ich noch ziemlich jung." Die Frage nach dem Warum wird Salim, damals sieben Jahre alt, noch jahrelang quälen und die Antwort darauf alles in einem anderen Licht erscheinen lassen. Salim wächst bei seiner Mutter in Sansibar auf, sein Leben ist geprägt von morgens Schule und nachmittags Koranunterricht. Seine wahre Leidenschaft jedoch gilt der Literatur, er verschlingt ein Buch nach dem anderen. Während er sich von seinem Vater im Stich gelassen fühlt, schaut er zu seinem Onkel Amir, der immer für ihn da war, auf. Dieser nimmt ihn später zum Studieren mit nach London, wo Salim die erste Liebe, aber auch tief verwurzelter Rassismus begegnen. Nach einem Streit mit seinem Onkel, wird er von diesem zurückgewiesen und mehrfach erniedrigt, sodass er sich nun allein durchschlagen muss und stark mit den Herausforderungen in dem fremden Land zu kämpfen hat. Mit seiner Mutter hält er über Briefe Kontakt, manche schickt er jedoch nie ab, weil sie voller Vorwürfe sind. Erst Jahre später reist er in seine Heimat zurück und erfährt, was seine Eltern und Amir ihm sein ganzes Leben lang verschwiegen haben... Der Autor schafft es, persönliche Schicksale mit den politischen Strukturen eines Landes zu verweben, die von Machtmissbrauch und Unterdrückung der Schwächeren stark profitierten. Ich habe Salim gerne auf seinem Weg begleitet, mich mit ihm gefreut, aber genauso mit ihm gelitten und mir wie er all diese Fragen gestellt. Durch seine kindliche Naivität musste ich ihn einfach direkt ins Herz schließen, obwohl er gleichzeitig manchmal total abgeklärt wirkt. Ein Junge, der zu schnell erwachsen werden musste und versuchte, die Anforderungen anderer zu erfüllen. Die Geschichte ist gut durchdacht und vielschichtig, sodass ich immer weiter lesen wollte. Dabei wirkt jedes Wort sorgfältig ausgewählt. Der Roman greift viele verschiedene Themen auf. Es geht um Scham, Schuld, Einsamkeit, Rassismus, zwischenmenschliche Beziehungen, Korruption und Klassenunterschiede. Ein versteinertes Herz habe ich letztlich bei keinem so richtig gesehen, aber ziemlich harte, die mich haben wütend werden lassen, und einige wirklich verzweifelte. Ich spreche gerne eine Leseempfehlung für diejenigen aus, die sich langsam entwickelnde, aber tiefgreifende Geschichten gerne lesen.

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Vor dem Nobelpreis kannte ich Abdulrazak Gurnah nicht. Wenn man sich daran erinnert, dass keine Übersetzung seiner Werke zu dem Zeitpunkt vorlag, auch nicht so verwunderlich. Inzwischen zählt er zu meinen liebsten Schriftstellern. Seine Bücher öffnen eine mir völlig unbekannte Welt, zeigen wie verschieden und doch gleich Menschen sind, unabhängig von Kultur und Herkunft, aber auch, welche tiefen Wunden Rassismus und Kolonialismus reissen und gerissen haben. Gurnahs Stil ist von ruhiger Eleganz und oft bemerkt man die Brisanz seiner Sätze erst einen Absatz weiter, stoppt und wird von der Wucht der Bedeutung überfahren. Auch "Das versteinerte Herz", die Geschichte des Jungen Salim, der das Zerbrechen der Ehe seiner Eltern nicht verwinden kann und erst nach dem Tod der Mutter das Geflecht aus Lügen und Schweigen durchbrechen kann, ist von trauriger Schönheit und eine erneute Aufarbeitung der Kolonialzeit und ihrer Folgen auf Sansibar. Ein feinfühliger Roman mit Protagonisten, die man so schnell nicht vergisst und der lange nachhallt. Literatur, die bleibt.

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“Das versteinerte Herz” von Abdulrazak Gurnah ist bereits das fünfte Buch, das ich von dem Literaturnobelpreisträger gelesen habe. Und für mich war es bisher das Beste! Es ist ein beeindruckendes Werk, das die Leser mit seiner einfühlsamen Darstellung von Schmerz, Isolation, Einsamkeit und Verrat in den Bann zieht. In der Geschichte begleiten wir den jungen Salim auf seiner Reise ins Erwachsen werden und von Sansibar nach London und zurück. Salim wächst in einfachen Verhältnissen auf. Seine Eltern haben sich entfremdet. Seit er sieben ist lebt er allein mit der Mutter. Der Vater wohnt in der Nähe bei Freunden. Lange hat die Mutter und dann Salim ihm täglich das Essen gebracht. Warum die Eltern nicht mehr zusammen sind? Dieses Rätsel beschäftigt sowohl uns als auch Salim. Irgendwann findet Salim heraus, dass seine Mutter einen anderen Liebhaber hat. Er ist ein hohes Tier in der Regierung und beschenkt die Mutter großzügig. Salim ist fassungslos. Als die Mutter dann auch noch schwanger wird und er eine kleine Schwester bekommt, rebelliert der Junge immer mehr dagegen. “Das versteinerte Herz” berührt mit alltäglichen Schicksalen Salims Onkel Amir hat es inzwischen auch weit gebracht. Als er eine Anstellung als Diplomat in England erhält, bietet er an, Salim mit nach London zu nehmen und ihm dort ein Studium zu ermöglichen. Doch Salim vermisst in diesem fremden Land seine Heimat und seine Eltern. Die Familie von Onkel Amir behandelt ihn wie einen Bediensteten und als er dann noch sein Studienfach zu Literatur wechseln will, schmeißt der Onkel ihn aus dem Haus. Abdulrazak Gurnah versteht es meisterhaft, die Gefühle seiner Charaktere zum Ausdruck zu bringen! Salim bleibt dem Leser durch seine Tiefe und Komplexität im Gedächtnis. Man steckt total drin in seinen Gedanken und Emotionen und leidet mit ihm mit. Dabei verwendet Gurnah bei seiner Erzählstruktur zahlreiche geschriebene als auch ungeschriebene Briefe. Sie sind wie ist eine Metapher für das Gesagte und Ungesagte, sowohl im Herzen als auch laut ausgesprochen, das zwischen den Figuren steht. Jede Zeile des Buches ist wunderschön, ebenso wie das zentrale Thema des Buches, das Salims Vater ihm mitgegeben hat: “Halte dein Ohr an dein Herz”. Besonders spannend war es, bis zum Ende auf die Enthüllung von Salims Vater zu warten und dabei mit Salim mitzufühlen, wenn er mit dem Verlust von geliebten Menschen konfrontiert wird. Auch wie sonst bei Gurnah üblich, behandelt „Das versteinerte Herz“ auch die Themen Kolonialismus, Rassismus, die Erfahrung der Einwanderung, Scham und Verrat. Diese stehen aber nicht im Hauptfokus. Vielmehr ist dieses Buch eine Art ‚Alltagsgeschichte‘. Aber dieses Simple macht die Handlung für den Leser super zugänglich und nachvollziehbar. Denn die alltäglichen Challenges können uns genauso – oder vielleicht noch mehr – fesseln, wie große Themen.

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Der Autor erzählt in diesem Roman über das Leben von Salim in der Ich-Form. Salim wohnt in Sansibar in ärmlichen Verhältnissen. Im Alter von etwa fünf Jahren macht er seine erste einschneidende Erfahrung, mit der sein bisher unbeschwertes glückliches Leben endet, die Beschneidung. „Das Taxi hielt vor dem Krankenhaus. ,Es wird nicht lange dauern’, sagte mein Vater, ,gleich geht es weiter.’ Ich nahm seine Hand und folgte ihm hinein. Noch bevor ich wusste, wie mir geschah, war mein kleiner Abdalla seine Kofia los und der Ausflug ein Albtraum aus Schmerzen, Verrat und Enttäuschung. Man hatte mich betrogen.“ Salim wächst lange ohne Vaterliebe auf und seine frühen Lebensjahre sind ausgefüllt vom Besuch der Gesamtschule am Vormittag und der Koranschule am Nachmittag. Salims Mutter Saida trifft schließlich eine bedeutungsschwere Entscheidung, um ihren Bruder Amir zu retten, was die gesamte Familie nachhaltig beeinträchtigt und viel Leid verursacht, vor allem auch für Salim. Die gesamte restliche Kindheit von Salim verläuft schwierig. Amir, Saidas Bruder, steckt tief in der Schuld seiner Schwester. Deshalb beschließt er, Salim mit zu sich nach London zu nehmen, um ihm dort eine Universitätsausbildung zu ermöglichen. Salim, der sich erst bemüht, alle Erwartungen seiner Familie zu erfüllen, muss erkennen, dass er sich irgendwann nicht mehr verbiegen kann. Er schafft es im Laufe des Buches unabhängig zu werden. Sein Lebensweg gestaltet sich sehr schwierig und ich habe mich zwischenzeitlich mehrfach gefragt, wie man das nur alles aushalten kann. Am Ende des Buches werden alle familiären Geheimnisse aufgelöst und es scheint, als finde Salim seinen Frieden. Mein Fazit: Dieser Roman ist kein Wohlfühlroman. Der Autor hat seinen ganz eigenen Schreibstil. Seine Sprache ist knapp, sehr aussagekräftig und der ein oder andere Satz hat mich sehr berührt. „Manche Menschen erfüllen im Leben einen Zweck, und sei es nur, eine Menge zu vergrößern und „Ja!“ zu rufen, und andere eben nicht.“ Die Gepflogenheiten der Gesellschaft in Sansibar, einem afrikanischen Inselstaat, der sich erst im Jahr 1964 in einer blutigen Revolution von der britischen Kolonialherrschaft unabhängig machen konnte, waren für mich als Mitteleuropäerin interessant. So hatte ich während das Lesens eigentlich das Gefühl, ein Tagebuch zu lesen. Alles wirkte so real, echt und zutiefst menschlich, so also ob ich das Leben eines anderen Menschen mit ganz anderen Augen betrachten würde. Dieses Fremdartige machte für mich die Faszination des Buches aus. Ich mochte die kluge und weise Art des Autors und seine Mentalität. Dieses Buch ist empfehlenswert, auch wenn es der Inhalt in sich hat. Kein Wohlfühl-Roman, aber ein realitätsnaher Einblick in eine andere Kultur, der einem Toleranz und Weitblick lehrt. 


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