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Rezension zu
Möchte die Witwe angesprochen werden, platziert sie auf dem Grab die Gießkanne mit dem Ausguss nach vorne

Kunstvoll miteinander verwebt

Von: Daniel Pietrzik
12.06.2024

Nachdem ich das Buch „Möchte die Witwe angesprochen werden, platziert sie auf dem Grab die Gießkanne mit dem Ausguss nach vorne“ von Saša Stanišić in der Buchhandlung entdeckt habe, war meine Neugierde geweckt. Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass mir der Autor bis dato kein Begriff war. Gut, dass sich das nun geändert hat, denn mit Sicherheit war dies nicht das letzte Buch von Saša Stanišić, das ich gelesen habe. Das Buch ist eine Sammlung mehrerer Kurzgeschichten, die uns an verschiedene Orte und zu unterschiedlichen Menschen führen. Da ist zum Beispiel Dilek, die ihrer Heimat den Rücken gekehrt hat und seit Jahren als Reinigungskraft arbeitet. Oder Georg, dessen Sohn Paul ihn mühelos beim Memory schlägt. Und dann ist da noch Gisel, die ihre Tage nach dem Tod ihres Mannes recht einsam verbringt. Alle Geschichten sind fein miteinander versponnen und ergeben ein kleines Gesamtkunstwerk. Saša Stanišić führt uns an Orte, an denen es plötzlich möglich wird, den schwierigeren Weg zu gehen, eine unübliche Wahl zu treffen oder die eine gute Lüge auszusprechen. So wie die Reinigungskraft, die beschließt, mit einer Bürste aus Ziegenhaar in der Hand, endlich auch das Leben in die eigenen Hände zu nehmen. Oder der Justiziar, der bereit ist zu betrügen, um endlich gegen seinen achtjährigen Sohn im Memory zu gewinnen. Und der deutsch-bosnische Schriftsteller, der zum ersten Mal nach Helgoland reist, nur um dort festzustellen, dass er schon einmal auf Helgoland gewesen ist. Ganz angetan bin ich von der Sprache, in der Stanišić erzählt. In meinen Augen besitzt er einen unverwechselbaren Schreibstil, mit dem er es schafft, seine Figuren zum Leben zu erwecken und die Handlung Wirklichkeit werden zu lassen. Beschreibungen wie die „beruflich diverse(n) Badeenten“, außergewöhnliche Vergleiche und die trockene Ehrlichkeit mancher Protagonisten haben mich an etlichen Stellen schmunzeln lassen. Mit seinem Werk zeigt der Autor auf, dass es sich lohnt, für eine gute Zukunft schon heute ein guter Mensch zu sein. Wie wir handeln und welche Entscheidungen wir treffen, beeinflusst unser persönliches Glück. Bedeutsam ist außerdem, wie wir auf unser Leben blicken. Sehe ich das Glas also halbleer oder halbvoll? Kurzum: Jeder Mensch hat sein Leben und sein persönliches Glück selbst in der Hand – man muss sich dessen nur bewusst sein. Ich habe oft gelacht, als ich dieses Buch gelesen habe. Ich habe mich in Gedankenspielen verloren und sie wieder verworfen. Ich habe mich ertappt gefühlt und mich gefreut. Und ja, gerührt war ich auch und manchmal wurde ich auch geschüttelt – ich wurde sozusagen zum lesenden Martini. Für alle, die tiefgründige und gleichzeitig unterhaltsame Literatur schätzen, kann ich dieses Buch nur empfehlen. Stanišićs Geschichten sind eine wahre Bereicherung und lassen uns über unser eigenes Leben und die unzähligen Möglichkeiten nachdenken, die uns offenstehen. Wer also bereit ist, sich auf eine literarische Reise voller Überraschungen und Einsichten zu begeben, sollte unbedingt zu diesem Buch greifen. Es lohnt sich.

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