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Rezension zu
Du und ich und der Sommer

Gefühlvolles, historisches Buch mit Blick in eine andere, fremde Zeit

Von: Juliane S.
10.06.2024

Story: Sommer 1986, UdSSR: Seit mehreren Jahren verbringt der inzwischen 16-jährige Jura seine Sommerferien im Jugendlager Schwalbe in Charliw und hat dort nicht gerade den besten Ruf. Als er Wolodia kennenlernt, der Gruppenleiter der jüngsten Teilnehmer*innen, entwickelt sich zwischen den beiden jungen Männern eine enge Freundschaft. Bei der Planung und den Proben zu einem Theaterstück, gemeinsamen Gesprächen in der Dunkelheit und Wanderungen zu ruhigeren Plätzen in der Nähe des Lagers, kommen sich die beiden unweigerlich näher. Doch darf es solch eine Liebe, über sich niemand überhaupt vorstellen kann, geben? Und was wird aus ihnen, wenn das Sommerlager zu Ende ist und sich ihre Wege trennen? Eigene Meinung: Mit „Du und ich und der Sommer“ erschien im Februar 2024 der erste Band der Trilogie in deutscher Sprache, die die Autorinnen Elena Malisowa und Katerina Silwanowa über Jura und Wolodia geschrieben haben. Das Original kam 2021 in Russland und wurde dort trotz der eingeschränkten Verkaufsmöglichkeiten dank TikTok zu einem Bestseller, der inzwischen verboten ist und die Autorinnen zwang Russland zu verlassen. Die Fortsetzungen „Du und ich und die Schwalben“ und „Du und ich für immer“ sind für Juli und November 2024 bei Blanvalet angekündigt und führen die Geschichte der beiden Männer fort. Die Geschichte beginnt in 2006 – man lernt den erwachsenen Jura kennen, der sich 20 Jahre nach seinem letzten Sommer in der Schwalbe auf den Weg dorthin macht, um nicht nur die Vergangenheit Revue passieren zu lassen, sondern auch um ein Versprechen einzulösen, für das er im Grunde 10 Jahre zu spät ist. Mit ihm gemeinsam erkundet man das inzwischen verlassene, verfallene Lager und erlebt seine Erinnerungen an den unbeschwerten Sommer, in dem er sich zum ersten Mal verliebte – in den etwas älteren Wolodia, der seine Gefühle erwidert. Während Jura nichts Schlimmes an seinen Gefühlen für einen Mann finden kann (immerhin gibt es so etwas eigentlich gar nicht), hadert Wolodia mit dem, was er für Jura empfindet. Und alle Heimlichkeit nützen wenig, als ihnen die junge Mascha auf die Spur kommt und droht, sie an die Leitung des Sommerlagers zu verraten. Auf einfühlsame und eindringliche Art schildern die beiden Autorinnen die wachsende Freundschaft und Liebe der beiden Männer vor der Kulisse eine sowjetischen Sommerlagers, in dem Disziplin und Gehorsam vor Erholung, Spaß und Freude stehen. Als Leser*in ist man mitten im Geschehen, lernt den Alltag im Sommerlager kennen und erfährt viel über das autoritäre System der UdSSR und die Denkweise der damaligen Menschen. In diesem Punkt erfährt man viel über die Vergangenheit eines Landes, das einem inzwischen noch fremder geworden ist. Zwischenzeitlich zieht sich die Geschichte etwas, da sich die Autorinnen viel Zeit nehmen, um die Geschichte zwischen Jura und Wolodia zu entwickeln, doch man lernt die Figuren umso besser kennen. Leider wird die Entwicklung der beiden Männer zum Ende hin eher in Briefform erzählt, was zwar äußerst passend ist, jedoch etwas gehetzt wirkt, im Vergleich zu den ausführlichen Beschreibungen davor. Die Figuren sind gut gezeichnet, allen voran Jura, aus dessen Sicht die Geschichte erzählt wird. Man lernt ihn als etwas rebellischen, ungezwungenen Jugendlichen kennen, der nicht so recht weiß, wohin er in seinem Leben will, nachdem ihm das genommen wurde, was er am meisten liebte – die Musik. Wolodia hingegen hat klar umrissene Ziele, die er unbedingt erreichen will – selbst wenn das bedeutet, sich dem System zu unterwerfen. Beide ergänzen sich gut, man kann sich gut in Jura und Wolodia hineinversetzen, ihre Ängste und Sorgen miterleben und sie dabei begleiten erwachsen zu werden. Auch die Nebenfiguren sind gelungen – nicht immer sympathisch, manchmal auch nicht ganz so gut ausgearbeitet, aber sie bilden einen passenden Rahmen. Stilistisch ist „Du und ich und der Sommer“ ein solides geschriebenes Buch, das durch schöne Beschreibungen, einige tiefgründige Dialoge und einen spannenden Einblick in die damalige Zeit besticht. Der teils lockerleichte, teils schwermütige Stil passt gut zur Geschichte und den Figuren und transportiert die verbotene, schwule Liebe in einer Zeit, in der die meisten Bewohner der Sowjetunion nicht einmal wussten, dass es so etwas gab. Elena Malisowa und Katerina Silwanowa haben nicht nur einen Roman über die erste Liebe geschaffen, sondern geben Leser*innen auch einen Blick in eine Zeit und in ein Land, das den wenigsten bekannt sein dürfte. Fazit: Mit dem Auftaktband „Du und ich und der Sommer“ haben Elena Malisowa und Katerina Silwanowa eine anrührende, gefühlvolle Geschichte über die erste Liebe geschrieben, die durch authentische, gut nachvollziehbare Figuren und einen soliden, leichten Schreibstil besticht. Man ist schnell in der Geschichte und erlebt Juras letzten Sommer im Jugendlager mit allen Höhen und Tiefen mit. Auch wenn einige Szenen etwas zu ausführlich geraten sind, bleibt die Geschichte spannend und man begleitet Jura und Wolodia gerne. Man darf gespannt sein, wie es für die beiden Männer weitergeht und wie die Autorinnen die Geschichte in „Du und ich und die Schwalben“ fortsetzen. Wer Liebesgeschichten und Jugendbücher mit historischem Einschlag mag, sollte auf jeden Fall einen Blick riskieren.

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