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Rezensionen zu
Die Tyrannei der Minderheit

Steven Levitsky, Daniel Ziblatt

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€ 26,00 [D] inkl. MwSt. | € 26,80 [A] | CHF 35,50* (* empf. VK-Preis)

Wie deprimierend muss es für demokratisch gesinnte US-amerikanische Bürgerinnen und Bürger sein, wenn sie zusehen müssen, wie ihr Land immer öfter mit Staaten wie Ungarn oder Russland (und einigen weiteren) verglichen wird, wenn man vom Zustand der Demokratie spricht. Verglichen werden die USA nämlich in Bezug auf die Stabilität und das Funktionieren der Demokratie. Bereichen, in denen die USA in den letzten Jahren aus der Riege der führenden Demokratien herausgefallen ist. Mit der Lektüre dieses Buches wird deutlich, dass ein solcher Vergleich nicht abwegig oder übertrieben, sondern im Gegenteil unglaublich nahe an der Realität ist. Natürlich, denkt man sich vielleicht, es gibt dort eben einen Irren mit dem Namen Donald Trump und der ist für den Niedergang verantwortlich, der hat auch den Mob aufgestachelt, das Kapitol zu stürmen. Und wenn der Trump einmal weg vom Festner ist (wie auch immer), dann beruhigt sich die Lage wieder. So ist es aber nicht: Alles auf diesen Trump zu schieben, das greift aber viel zu kurz und wer immer das glaubt, macht es sich zu einfach. Denn einer wie Trump wurde nur durch den Niedergang der Demokratie des Landes möglich. Und dann hat sein Aufstieg den Abstieg weiter beschleunigt. Eine Win-win-Situation für Autokraten. Genau um diesen kontinuierlichen Niedergang, der tatsächlich schon in den Jahren nach der Gründung der Vereinigen Staaten begann und in diesen Gründungsjahren der Union seine Wurzeln hat, geht es in diesem Buch. Trump ist nur die die lauteste und abstoßendste einer Gruppe von Demokratiefeinden und Rechtsextremisten innerhalb der Republikanischen Partei, die seit längerer Zeit durch das Ausnutzen der für derartige Fälle überaus anfällige US-Verfassung immer mehr Ebenen des Staates unterwandert haben. Die Herrschaft der Minderheit Wie anhand vieler Beispiele belegt, haben die Republikaner seit Jahrzehnten auf Bundesebene fast keine Wahl mehr an den Wahlurnen gewonnen, also die Mehrheit der abgegebenen Stimmen erhalten (und auch in den Bundesstaaten sind Stimmenmehrheiten immer weniger wert). Dabei haben sie aber durch Manipulationen die Mehrheiten in Parlamenten errungen – siehe auch hier den Vergleich mit den Wahlmanipulationen Orbans in Ungarn. Auch Trump hat bekannterweise noch nie die Mehrheit der Wählerstimmen erhalten. Dieses schon perfektionierte System der Wahlmanipulation ermöglicht es den Republikanern, Gesetze gegen den Willen die Bevölkerungsmehrheit durchzusetzen, die Themen Abtreibung und Waffenbesitz sind Beispiele dafür, und das Wahlsystem selbst immer weiter zu ihren eigenen Gunsten zu manipulieren. Nachzulesen sind noch einige weitere Beispiel dafür, wie die Verfassung den Republikanern hilft, konsequent gegen die Mehrheitsmeinung Politik zu machen. Es ist das Bild einer durch und durch korrupten Partei, bei der es nur noch um Macht und Machtgier geht. Der Umfang der Daten und Fakten, die die beiden Autoren zusammengetragen haben, macht deutlich, wie knapp die US-Demokratie davor steht, in eine Ein-Parteien-Diktatur zu kippen. Dazu kommt natürlich auch, dass die Menschen in den USA sich so leicht in eine Art von religiösem Wahn versetzen lassen. Ein großer Teil der Bevölkerung ist extrem anfällig für Lügen, wenn ihnen diese in pseudo-religiöser Form präsentiert werden. So ist die MAGA-Bewegung rund um Trump tatsächlich mit einer Sekte vergleichbar, die mit Gehirnwäsche ihre Gläubigen fest im Griff hat, der daraus resultierende rechtsextreme und christliche Fundamentalismus unterscheidet sich nur noch wenig vom islamistischen Fundamentalismus. Ein Fazit aus dem, was man hier liest, ist, dass der Publizist Noam Chomsky die Republikanische Partei völlig zu Recht als die “gefährlichste Organisation der Weltgeschichte” bezeichnet hat. Weil sie nämlich vehement dabei ist, die Demokratie durch das Ausnutzen demokratischer Mittel zu zerstören. Zuerst die USA, dann Europa? Die Kapitel über das System der Vereinigten Staaten zeigt vor allem deutlich, dass deren Verfassung seit der Urfassung gar nicht bis kaum an die veränderten Zeiten angepasst wurde. Die demoskopischen und gesellschaftlichen Veränderungen, die in anderen Demokratien stets in die Verfassungen einflossen, bleiben in den USA unberücksichtigt. Man könnte, etwas vereinfacht, sagen, dass die Demokratien in Europa und viele andere wirkliche Demokratien rund um den Globus viel aus den Fehlern der USA lernten und es besser machen. Diese Anpassungen erfolgte entweder kontinuierlich oder fanden sich schon in den ersten demokratischen Verfassungen (wie zB. in Österreich und Deutschland nach dem 2. Weltkrieg). Daraus ist in den 2020er-Jahren ein Demokratie-Gefälle zwischen unseren Ländern und den USA entstanden, das, wenn man es in diesem Buch so detailliert nachliest, wirklich Angst machen kann. Wenn auch bei uns natürlich vieles im Argen liegt, so sind wir doch in Europa gegenwärtig im Vergleich zu den USA ein Hort der Demokratie, in dem die Mehrheiten entscheiden und die Minderheiten geachtet werden. Auswege? Steven Levitsky und Daniel Ziblatt haben für dieses Buch einige „Checklisten“ erstellt, nach denen man eindeutig (und sehr treffsicher, wie ich meine) feststellen kann, in welchem Umfang Politiker und Parteien demokratisch sind. Ein Leitfaden, mit dem man auch bei uns überprüfen könnte, mit wem man es auf der politischen Bühne zu tun hat. Und wer dann Wert darauf legt, Demokratie und Freiheit zu erhalten, sollte darauf aufbauend, seine Stimme abgeben. Das reicht aber für ein Land wie die USA nicht mehr aus, weil dort Mehrheiten nicht zwangsläufig – sondern in Gegenteil immer seltener – auch zu Entscheidungen oder entsprechende Wahlergebnissen führen. Einige Thesen und Wege zur Evolution des politischen Systems der USA, zur Transformation der Verfassung in eine, die das besser gegen undemokratische Angriffe von Innen schützt, liest man im abschließenden Kapitel des Buches. Wie aber soll das funktionieren soll in dem Land, wie es in den anderen Kapiteln beschrieben ist? Viel Zeit bleibt nicht mehr, um das Steuer herumzureißen. PS: In Europa sind wir noch nicht so weit und unsere Systeme mit vielen Parteien (anstatt nur zwei, wie in den USA) sind auch weniger anfällig gegenüber der Übernahme durch kleine Cliquen. Aber die Regierungsbeteiligungen der FPÖ in Österreich haben gezeigt, wie eine solche Partei, kaum in einflussreichen Positionen, beginnt bzw. versucht, den Staat auszuhöhlen und unter Gesinnungsgenossen aufzuteilen. Und dann sind es lt. Umfragen derzeit 30 % der Wahlberechtigten, die so einer Gruppierung ihre Stimme geben wollen. Dazu fällt mir nur mehr wenig ein ….

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