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Rezension zu
Ich fürchte mich nicht

Ein grandioser Auftakt!

Von: Schattenkämpferin
04.03.2015

Juliette ist siebzehn Jahre alt. Sie wurde ihrem Elternhaus gewaltsam entrissen und in einer Irrenanstalt untergebracht. Seitdem hat sie kein Wort mehr gesprochen und noch viel länger hat und wurde sie nicht berührt. Denn die Berührung ihrer bloßen Haut bedeutet den Tod, Juliette entzieht anderen Menschen dadurch die Lebensenergie. Zahllose Tests und Untersuchungen musste sie schon über sich ergehen lassen, doch nichts konnte zu einer Verbesserung beitragen: Juliette ist und bleibt für ihre Mitmenschen gefährlich und wurde deshalb eingesperrt. Um nicht den Verstand zu verlieren, schreibt sie heimlich in ein Notizbuch und träumt von einem fliegenden Vogel, wobei sie sich immer wieder sagt, dass dieser am nächsten Tag ganz bestimmt vorbei fliegen wird. Nach drei Jahren in Einzelhaft wird ihr plötzlich ein junger Mann in die Zelle gesteckt – er kommt ihr bekannt vor, doch sie kann sich nicht konkret erinnern. Bis sie in seine Augen blickt und ganz genau weiß, wer vor ihr steht. Doch Adam ist nur Teil eines gemeinen Plans, nur ein Mittel zum Zweck, um Juliettes zwischenmenschliches Verhalten nach drei Jahren Isolation zu prüfen, und er hat die Aufgabe, das junge Mädchen zu seinem Befehlshaber Warner zu eskortieren – und der hat seine ganz eigenen Pläne für Juliette und ihre Begabung. Als Juliette dahinter kommt, ist sie geschockt – denn sie würde niemals absichtlich einem Menschen weh tun. Sie leistet Widerstand und erfährt stille Unterstützung von Adam, der ihre Zuneigung erwidert. Doch so leicht, wie Juliette sich das vorstellt, ist es nicht – denn Warner hat seine eigenen Methoden, andere von seinen Ideen und Wünschen zu überzeugen … Das erste, das vielen übersättigten Lesern beim Anblick von "Ich fürchte mich nicht" wahrscheinlich einfallen wird, ist “oh nein, nicht noch eine Jugenddystopie!” Wer dem mit wunderschönem und zur Story passendem Cover versehenen Buch trotzdem eine Chance gibt, der wird schnell eines Besseren belehrt, denn das Debüt von Tahereh Mafi ist alles andere als ein Bestandteil des vorherrschenden Einheitsbreis. Bereits auf den ersten Seiten sticht ein besonderes Merkmal ganz deutlich hervor: Die Sprache. Leser, die sich in Worte fallen lassen können und Metaphern lieben, werden in "Ich fürchte mich nicht" kaum eine Seite finden, auf der sie nicht ins Schwelgen geraten und inne halten müssen, um die sprachliche Schönheit der Geschichte vollends genießen zu können. Mitunter stockt einem der Atem nicht nur auf Grund der unvorstellbaren Situation von Juliette, sondern eben auch wegen der nahezu poetischen Ausdrucksweise der Autorin, die das Schicksal ihrer Protagonistin so wundervoll verpacken kann. Doch nicht nur sprachlich kann Tahereh Mafi auf Anhieb überzeugen, auch ihre Charaktere zeichnen sich nahezu durch die Bank weg mit einer wunderbar angenehmen Tiefe aus. Selbst der Bösewicht in der Geschichte schafft es, dem Leser, wenn schon nicht unbedingt Sympathien, dann doch auf jeden Fall Faszination zu entlocken. So gelingt es sogar Warner, im Leser mehr als nur die übliche Abneigung zu entfachen – gegenteilig ist es manchmal sogar so, dass Verständnis im Leser aufkeimt. Schließlich scheint Juliette eine faszinierende Person zu sein, die trotz ihrer Gefährlichkeit einfach einen gewissen Reiz ausübt. Juliette kann vor allem durch ihre, für sie falschen, Gedanken punkten – diese sind im Buch als durchgestrichene Passagen gekennzeichnet und zeigen ganz deutlich, wie sehr die junge Protagonistin unter ihrer Situation leidet und sich nach Berührungen und körperlicher Nähe sehnt. Daher fällt es auch nicht zwangsläufig negativ auf, dass sich die Sache zwischen Adam und ihr derart schnell entwickelt – Juliette muss förmlich ausgehungert nach Zärtlichkeiten sein, und jeder Mensch dürfte in der Lage sein, diesen Hunger zumindest in Teilen nachzuempfinden. Und schließlich Adam als dritte Hauptfigur, der als gefühlskalter Soldat auftritt und nur seine Befehle ausführt. Es dauert eine Weile, bis der Leser mit ihm wirklich warm wird und ihm gegenüber nicht mehr skeptisch ist, doch genau das macht ihn auch wieder sehr authentisch. Alles in allem ist "Ich fürchte mich nicht" eine erfrischend und angenehm aus der Masse herausstechende Jugenddystopie, die mit sämtlichen Punkten überzeugen kann und auf Grund des sehr offen gehaltenen Endes wohl einen Reihenauftakt darstellt. Es bleibt abzuwarten, welche Ideen Tahereh Mafi in den hoffentlich bald folgenden Bänden noch für den Leser bereit hält, doch schon jetzt ist wohl sicher, dass dieser Roman einen festen Platz in jedem Dystopien-Regal finden sollte. Denn nicht nur Jugendliche werden sich unterhalten fühlen, auch erwachsene Leser können in der Geschichte versinken und sich an der komplexen Schönheit dieses Debüts erfreuen. Ein rundum gelungenes Werk, das man nach der letzten Seite am liebsten sofort noch mal lesen möchte, von einer Autorin, von der man hoffentlich noch so einiges lesen wird. Fazit: Eine weitere Jugenddystopie, die sich allerdings deutlich von der breiten Masse abzuheben weiß. Mit einem unglaublich schönen, fast schon poetischen Sprachstil kann "Ich fürchte mich nicht" den Leser von Beginn an fesseln und bemerkenswerte Charaktere begleiten ihn auf jeder Seite dieses auch optisch ansprechenden Buches. Eine innovative Hintergrundidee und die passende Storyline runden Tahereh Mafis Debüt und Reihen-Auftakt nahezu perfekt ab und machen schon jetzt Lust auf die Fortsetzung – ein berührendes Lesemuss für Genrefans! Wertung: 4einhalb Schwertpaare Handlung: 4.5 / 5 Charaktere: 5 / 5 Lesespaß: 5 / 5 Preis/Leistung: 4.5 / 5

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