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Rezension zu
Miss you

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Die Hoffnung stirbt zuletzt

Von: Katharina P.
19.09.2016

Anfangs hat mich der Stil ein wenig an den Zweiteiler "Nur einen Tag .../... und ein ganzes Jahr" von Gayle Foreman erinnert. Allerdings ist bei Miss you die erste Begegnung von Guss und Tess nicht so einprägsam und lebensverändernd wie die von Allyson und Willem. Im Gegenteil ist ihr erstes Aufeinandertreffen so flüchtig und unspektakulär, als würde man einen Fremden auf der Straße nach dem Weg fragen. Es fliegen keine Funken und daher liegt auch keiner der beiden nächtelang wach und denkt an dieses Treffen zurück. Im Prinzip trennen sich dort die Wege der beiden und entsprechend auch die Handlungsstränge. Jeder lebt sein Leben und kämpft sich durch Probleme unterschiedlicher Art. Das klingt nicht sonderlich faszinierend, weil man als Leser ja nichts zum Schmachten an sich hat: kein Warten auf bzw. Suchen nach dem anderen, kein Sich-Verzehren, kein Liebeskummer. Und trotzdem bleibt man am Ball, weil man weiß, dass die beiden ja irgendwie irgendwo zusammenkommen müssen. Und genau auf diesen Moment fiebert man hin. Chancen haben sie ja eigentlich genug, wie man immer wieder merkt. Durch den Perspektivenwechsel erkennt man rückwirkend immer einen Zusammenhang zwischen verschiedenen Begebenheiten. Erst bekommt man ein Erlebnis aus der Sicht von Gus oder von Tess erzählt und dann stellt man im nächsten Kapitel fest, dass sie sich zur gleichen Zeit am gleichen Ort aufgehalten haben - und sich dennoch verpasst haben. Das ist zwar ungemein frustrierend und zermürbend, aber baut natürlich die Spannung auf. Abgesehen davon passiert in Gus' und Tess' Leben aber auch genug, sodass ich mich auch nicht gelangweilt habe. Tess hat mit ihrer kleinen Schwester Hope alle Hände voll zu tun, da sie unter dem Asperger-Syndrom leidet. Zwar hat sie ihre süßen Glanzmomente, aber die meiste Zeit über ist sie sehr anstrengend. Auch wenn ich verstehe, dass ihr unpassendes Verhalten und ihre zum Teil verletztenden Kommentare ihrer Krankheit geschuldet sind, wäre mir persönlich im Umgang mit ihr öfter der Geduldsfaden gerissen. Dass Tess trotzdem alles verzeihen konnte, fand ich deshalb umso bemerkenswerter. Entsprechend hat mich besonders die Undankbarkeit ihrer Familie extrem wütend gemacht. Während sich Tess den A**** aufreißt, um Hope die Mutter zu ersetzen und dafür ihre eigenen Träume opfert, haben ihr Vater und ihre Brüder nichts als Vorwürfe für sie parat. Das kann und will ich nicht akzeptieren. Ich habe die ganze Zeit gebetet, dass Tess bald mal explodiert und ihnen die Meinung sagt. Gus' Part hat mich wiederum auf andere Weise hart an meine Grenzen gebracht. An sich mochte ich ihn ganz gerne. Er ist der Typ 'hübscher Sonderling', soll heißen: er hat seine Macken und Neurosen und einiges an emotionalem Ballast, aber er gehört eigentlich zu den Guten und ist auch ganz nett anzusehen ohne ein Schönling zu sein (es wurde u.a. der Vergleich mit Marius aus Les Misérables gezogen). Er ist empathisch und liebevoll im Umgang mit Kindern, kann albern sein, aber auch ernsthaft zuhören. Mit seinem mangelnden Durchsetzungsvermögen habe ich jedoch extrem gehadert. Er wirkte manchmal nahezu willenlos, wie er sich immerzu den Vorstellungen seiner Eltern oder den Wünschen von Charlotte gebeugt hat. Ich meine, es ist zwar schön, dass er auf andere Rücksicht nimmt, aber ein bisschen Egoismus ist ja wohl erlaubt. Dauerhafte Passivität führt doch zu nichts und erst recht nicht zum Glück. Das hat sich auf den letzten Seiten sehr deutlich gezeigt, die (so leid es mir auch tut) nicht ganz meine Erwartungen erfüllt haben. Leider waren sie nicht so fulminant, wie ich es mir nach fast 500 Seiten (und 20 fiktiven Jahren) erhofft hätte. Nun gut, man kann nicht alles haben. Mir gefiel jedoch, dass Kate Eberlen etwas selbstironisch mit ihrer eigenen Geschichte umgeht. Im Buch wird permanent darüber philosophiert, ob die "wahre Liebe" nicht letztlich nur der Tatsache geschuldet ist, dass man sich am gleichen Ort bzw. in unmittelbarer Nähe zueinander befunden hat, und nicht dem Willen des Schicksals zu verdanken ist. Da Gus und Tess aber ständig übereinander stolpern, sich aber nie richtig wahrnehmen, widerspricht Eberlen gewissermaßen dieser Theorie. Irgendwie fand ich das sehr unterhaltsam. An sich hat sie mich als Geschichtenschreiberin überzeugt: sie lässt ihre Charaktere sehr plastisch wirken und stilisiert sie nicht zu makellosen 'Übermenschen'. Sie schreibt der Situation angemessen und niemals kitschig. Das passte sehr gut zur Story. Fazit "Miss you" hat mir wirklich sehr gut gefallen, weil es etwas anders verlief, als ich gedacht habe. Die Protagonisten trauern nicht einer verpassten Chance auf ein gemeinsames Happy End hinterher. Vielmehr zeigt Kate Aberlen die vielen Irrungen und Wirrungen auf, die wir manchmal bewältigen müssen, damit wir einander finden. Gewissermaßen hat man zwei Geschichten in einem Band, die dann irgendwann zusammenkommen - ohne auf die Tränendrüse zu drücken. Kleine Abzüge gibt es wegen einiger Charaktereigenschaften, mit denen ich nicht klar kam, und weil die Handlung gegen Ende etwas nachgelassen hat.

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