Sie haben sich erfolgreich zum "Mein Buchentdecker"-Bereich angemeldet, aber Ihre Anmeldung noch nicht bestätigt. Bitte beachten Sie, dass der E-Mail-Versand bis zu 10 Minuten in Anspruch nehmen kann. Trotzdem keine E-Mail von uns erhalten? Klicken Sie hier, um sich erneut eine E-Mail zusenden zu lassen.

Rezension zu
Ich! Die Kraft des Narzissmus

trashig, verwirrend bis verletzend - Expertenwissen über Narzissmus

Von: Die Schutzgärtnerin - Manja Kendler
24.06.2024

Der Autor und Forscher im Bereich der Persönlichkeitspsychologie ist selbst von den Ichs! Mit hoher Punktzahl fasziniert und das durchdringt dieses Buch und in kleinen Auszügen konnte ich ihm dabei auch ansatzweise folgen. Der Ansatz, ein populäres Buch über Narzissmus zu schreiben, ist ihm schillernd gelungen. Er ist ja auch laut Buch einer der führenden internationalen Narzissmusforscher. Er bedient sich an längst bekannten Beispielen aus Film, Sport, Musik, Literatur, Politik und Medien, und je länger ich ihm zu lese, geht bei mir das Gefühl nicht weg, dass ein zerebral narzisstisches Ich, die grandiosen erfolgreichen und somatischen Ichs (die, die auch am ehesten in Therapie gehen, wenn überhaupt) seit Jahren unter die Lupe nimmt und psychopathologische Faktoren außen vorlässt, obwohl er an deren Rand schürft. Um narzisstischen Missbrauch auszuüben, benötigt es keine Diagnosen. Doch davon liest man in diesem Buch nichts – genauso wenig wie über gesunden Selbstwert, Selbstachtung und Selbstliebe, die sich ja geradezu aufdrückt bei dem Titel. Ich bin enttäuscht, wie Herr Back in seinem wissenschaftlichen Diskurs weniger auf Ergebnisse schaut, die seinem Narzissmus-Bild widersprechen und stattdessen sein eigenes, mehr oder weniger amüsiert dazu zimmert. Es gehe nicht um Pathologien, sondern Narzissten die keine sind im klinischen Sinne. Wie auch, dann hätte er dies ja auch nachweisen müssen, in seinen Studien, aber die sind ja nur im 1 % Bereich. Schwamm drüber. Bei ihm ist das mangelnde Mitgefühl der Narzissten eine Willens-Ressourcen-Frage, dabei ist doch genauso bekannt, dass fehlendes Einfühlungsvermögen nicht durch kognitive Empathie ersetzt wird. Dennoch möchte er mehrere Mythen entlarven, die er noch nicht mal in ihrer Kernbehauptung verstanden hat. Das Maskenspiel zum Beispiel oder verdeckter Narzissmus scheint er nicht zu (er)kennen, denn er sucht die Bewunderung für jene, mit der Ellenbogentaktik. Und so hat er eben mehr Tipps wie Freundschaft, Beziehung und Arbeit und Bewunderung mit dem grandiosen Ich! gelingen, in das Buch gepackt. Wer Bock auf Achterbahn hat und Geschwindigkeit, Kreativität und Risiko, solle dann jedoch nicht rumjammern, weil hätten ja klare Grenzen dazugehört oder man hat selbst einen an der Waffel. Wer sind denn die Hauptklientel, die dieses Buch kaufen? Ich schätze Betroffene vom narzisstischen Missbrauch durch Familie, Partner, Job und Freunde. Zuerst fühlte ich mich an Graig Malkins Buch ‚Der Narzisstentest‘ erinnert und empfand die ersten Seiten spannend und informativ, wenn Menschen schon Abstand zum Thema haben. Wer nicht genügend Abstand hat, dürfte bereits auf der ersten Reise des Buches getriggert werden. Der zweite Teil, der Trauma als Ursache ausschließt und das Podest der Kindheit sowie Vererbung und Umwelt mit ins Spiel bringt, wäre gehaltvoller, wenn man sich dazu auch mit Traumaforschung auseinandergesetzt hätte. Wichtig, um zu klären, was Trauma alles ist- bevor man es ausschließt. Überhaupt narzisstische Gewalt, narzisstischer Missbrauch findet keinen Anklang in diesem Werk. Stattdessen nimmt sich Mitja Back vier Seiten Zeit, im dritten Teil seiner Reise, für Victimblaming der Opfer/Überlebenden narzisstischer Liebesbeziehungen inklusive Relativierung von Self-Care und natürlich … sind das ja alles keine Narzissten in den Geschichten. Obendrauf Mansplaining was man tun soll, wenig einfühlsam und wahrlich der Tiefpunkt des Buches. Hinweise zu Beratungen bei häuslicher Gewalt und Hilfestellen, findet man in diesem Trash Buch über Narzissmus nicht. Weiblicher Narzissmus so was gibt es nicht, aber Wardetzki zweimal zitieren …. Ich will von dieser Art „deutschen“ Narzissmus -Experten, die Kernberg und andere ihre Kollegen ausblenden und von ihren festgefahrenen, oberflächigen, praxisfernen Theorien besten Gewissens abraten. Ich hätte spätestens nach der Anmerkung: Christian Grey sei ein Hard-Core-Narzisst, lachend das Buch weglegen sollen. Ich habe weitergelesen, bis zum Nachspiel, … in dem Harari erneut, liebevoll zweimal zitiert wird (auf drei Seiten), aber hey, ohne Narzissten kämen wir alle nicht weit – dann fehle was und vor allem Kreativität und Verschwörungstheorien (noch mal: damit meint Herr Back nur die Narzissten, die mit höheren Ich-Score laut seinem Ich-Score Test – keine pathologischen Muster ?!) Mir ist nun nach weinen zu Mute. Wer jedoch über den grandiosen Alltagsnarzissmus mehr erfahren und verwirrt sein möchte, dem gibt dieses Buch sicherlich den ein oder anderen AHA Effekt und trashigen Unterhaltungswert. Für Betroffene des narzisstischen Missbrauchs und fachlich Interessierte -mein klarer Tipp: Hände weg von diesem Buch!

Wir stellen nicht sicher, dass Rezensent*innen, welche unsere Produkte auf dieser Website bewerten, unsere Produkte auch tatsächlich gekauft/gelesen haben.