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Rezension zu
Muna oder Die Hälfte des Lebens

Eine Liebe voller Abhängigkeit und Unterwerfung

Von: ins_lebenlesen
17.10.2023

MUNA – ich kenne Dich. Du stehst kurz vor dem Abitur, die 80er Jahre in einer Kleinstadt in der DDR neigen sich dem Ende entgegen. Nach dem frühen Tod des Vaters und der Unzuverlässigkeit der alkoholabhängigen schauspielernden Mutter gibt es kein Zuhause für Dich. Du selbst bist Dir kein Zuhause. Du sehnst Dich danach, geküsst, gehalten und gesehen zu werden und brennst im Feuer der ersten Liebe. Der den Du anbetest, entflammt Dich, doch erhört Dich zunächst nicht. Und erhört Dich dann doch für einen Moment. Du teilst eine Nacht im Juni 1989 mit ihm und er verschwindet in den Wirren der Wende. Du siehst ihn sieben Jahre nicht wieder. Du kannst ihn sieben Jahre nicht vergessen. Gehst nach Wien, London und Berlin, studierst, arbeitest, lernst, lernst neue Freunde und Freundinnen, das Abenteuer des Lebens kennen, hast Beziehungen, S@x, doch etwas fehlt. Er. Magnus. Überall erscheint er Dir wie ein Schatten und plötzlich taucht er wirklich wieder auf. „Als könnte ich nicht richtig Verbindung aufnehmen. Als fehlten irgendwelche Kontaktstellen. Ich habe viel Neues gelernt, ich habe neue Freunde gefunden oder überhaupt Freunde, aber erst jetzt, durch ihn, dadurch, dass er wieder da ist, auch wenn ich immer noch viel zu wenig über ihn weiß, ist diese Lücke, die die ganze Zeit da war geschlossen, jetzt weiß ich, dass das Leben, das ich lebe wirklich meins ist.“ (S.229) Doch nur kurz währt die Freude. Denn schon bald zeichnet sich ab, dass Du nicht das bekommst, was Du Dir erträumst. Stattdessen Abhängigkeit, Gewalt, Unterwerfung. Muna, wach auf! Du brauchst ihn nicht, um Dich zu sehen! Möchte ich rufen und gleichzeitig weiß ich, dass das nichts bringt. Sie wird mich nicht hören. „Schon wieder lässt er mich einfach so stehen. Und schon wieder war ich mir nicht sicher, ob er mich wirklich brutal abgekanzelt hatte oder ob ich zu empfindlich war, weil ich so völlig allein war, weil ich niemanden fragen konnte, was wovon zu halten war.“ (S.59) Muna – ich kenne Dich. Wie macht es TERÉZIA MORA, dass ich mich so in die selbstzerstörerische Muna hineingezogen und mit ihr verbunden fühle und ihr Verhalten gleichzeitig kopfschüttelnd und vehement ablehne? Ist es die seelische Verbindung, die daraus entsteht, dass ich die Versuchung kenne, sich aufzugeben, um in den Augen eines anderen geliebt und erkannt zu werden? Oder schafft sie es durch die Form, mich mit ihr zu verstricken? Sie lässt mich ihre Gedanken denken, auch die ungedachten, die wieder durchgestrichen werden. Sie lässt mich mit ihr das eine denken und das andere sagen. Findet eine Sprache, mit der Muna mich lakonisch, selbstironisch und doch überzeugend in ihren Abgrund mitzieht. Die Sprunghaftigkeit Munas hat ihre Tücken, denn das ständig wechselnde Personal an FreundInnen, Bekannten, KollegInnen, WegbegleiterInnen und die Vielzahl ihrer literarischen Projekte als Literaturstudentin, Volontärin, Journalistin und Schriftstellerin sind immens und haben mein Interesse und meine Verbindung zuweilen auf eine harte Probe gestellt. Und doch ist die Geschichte fesselnd und mit überraschenden Wendungen erzählt. Muna ist Teil von mir geworden und ist es vielleicht schon immer gewesen. Es wäre leicht, es besser zu wissen und sich über sie zu stellen. Doch zu verstehen, wie es kommen konnte, neue Perspektiven einzunehmen, den Spieß umzudrehen, ist weit herausfordernder. Nachdenklich und in diesen Widersprüchen ein bisschen unbefriedigt bleibe ich zurück. Für mich ist das aber genau der Punkt, an dem ich sein und an dem ich mich reiben möchte.

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