Sie haben sich erfolgreich zum "Mein Buchentdecker"-Bereich angemeldet, aber Ihre Anmeldung noch nicht bestätigt. Bitte beachten Sie, dass der E-Mail-Versand bis zu 10 Minuten in Anspruch nehmen kann. Trotzdem keine E-Mail von uns erhalten? Klicken Sie hier, um sich erneut eine E-Mail zusenden zu lassen.

Rezension zu
Damals im Sommer

Momente des Erwachens

Von: Bjoernandbooks
03.06.2023

Die Sonne brennt, Ferienzeit, ein Haus am Meer! Zwei Brüder, wie sie unterschiedlicher nicht sein können, verbringen die freien Wochen gemeinsam mit ihren Eltern in einem gemütlich-nostalgischen Sommerhaus. Der Jüngere schaut zu seinem sportlich-athletisch-beliebten Bruder auf, fühlt sich aber auch oft unverstanden und kleingemacht. Doch ein ganz normaler Tag am Strand bringt eine Wende: Dort lernen die Brüder Filip kennen, einen jungen Franzosen, der sich mit ihnen anfreundet und der besonders auf den Jüngeren eine ungemeine Faszination ausübt, einen Reiz, der sein körperliches wie auch seelisches Empfinden nachhaltig prägt. Filip und der Jüngere nähern sich einander an, erleben eine gemeinsame Nacht voller (körperlicher) Entdeckungen, spüren eine Verbundenheit, eine Verliebtheit, wie sie in dieser Intensität wohl nur beim ersten Mal fühlbar ist. Doch die Ferien neigen sich dem Ende entgegen, und die Wege der beiden Jungen trennen sich. Doch sie bleiben in Kontakt, bis ein Ereignis mit aller Heftigkeit das Leben aller verändert, das des Jüngeren, das seines Bruders Fer und das Filips... „Ich bin alles, nur nicht ich selbst“ – „Die Grenze, die zwischen Traum und Wirklichkeit verlief, ist manchmal so dünn wie Seidenpapier“ (S. 157) Das Heranwachsen und die erste Liebe sind schön und schmerzhaft zugleich, markieren sie doch gleichzeitig Ende und Anfang. Florian Gottschick wirft in seinem queeren Coming-of-Age-Roman „Damals im Sommer“ einen punktgenauen Blick auf diese Zeit des Übergangs, den Transit-Moment, der durch das gleichgeschlechtliche Begehren noch um einen prägenden Aspekt Erweiterung findet. Der namenlose jüngere Bruder erlebt verdichtet auf wenige Tage, was es heißt, zu sich selbst zu finden. Und dabei nicht nur zu gewinnen... Gottschick entwirft zunächst das Idyll einer Sommerfrische: eine Familie, die der Stadt entflieht, die sich ganz der Fantasie von Sonne, Strand, Ferienhaus und Meer hingibt. Mit dem kleinen Motorboot schippern die beiden Brüder hinüber zum Hotelstrand, legen sich in die Sonne, genießen ihre Jugend, die letzten Momente der Unbeschwertheit. Doch das vermeintliche Idyll trägt bereits Risse in sich, die nach und nach an die Oberfläche vordringen: Die Mutter tut sich schwer mit Emotionalität und Fürsorge, der Vater überspielt diesen Mangel, und auch der Konkurrenzkampf zwischen den Brüdern spitzt sich mehr und mehr zu. Als sie Filip kennenlernen, spürt der Jüngere plötzlich Oberwasser, was es heißt, der vermeintlich Erwählte zu sein. Die Verbindung zwischen dem Fremden und ihm wird intensiver, es knistert. Bald wird ihm klar, dass er sich diese Nähe nicht nur einbildet, dass sie wechselseitig ist. In diesen wenigen Tagen entwickeln Filip und der Jüngere eine Amour Fou, die wir durch die Augen des Ich-Erzählers miterleben dürfen, voller Intensität und Angst gleichermaßen. Gottschick findet einen treffenden, sensiblen Ton für den Heranwachsenden, eine Sprache, die die Unbeholfenheit, das „Welpige“ des Jüngeren höchst authentisch ausleuchtet. Mal tapsig und ungläubig, mal paralysiert von dem Glück, das ihm widerfährt, strahlt er durch Gottschicks Sprache voller Jugendlichkeit und dem Flair der 1990er-Jahre. Spannend auch die gewählte Perspektive, seinen Erzähler aus dem Jetzt sprechen, retrospektiv auf die Ereignisse des Sommers blicken zu lassen. So weiß er stets mehr als wir und lässt uns das auch spüren. Diese Traurigkeit, die das Ich von Beginn an in sich trägt, liegt wie ein Firnis über der Erzählung, taucht sie von vornherein in eine Atmosphäre der Melancholie. Hier stellte sich mir nun eine Frage: Vielleicht hätte es diese prädisponierte Vulnerabilität nicht gebraucht, vielleicht hätte das Entdecken des großen Plot Twists am Ende ohne dessen innewohnende Vorwegnahme ebenso gut funktioniert? Dennoch: Auch das Erahnen der nahenden Katastrophe hatte seinen Reiz! Gottschick ist mit „Damals im Sommer“ ein jugendlich-leicht-melancholischer Roman gelungen, ein Roman, der die Kraft der inneren Verbindung von Brüdern hervorhebt und der zeigt, welche Macht die erste Liebe ausübt! Nicht nur, aber gerade auch für jüngeres Lesepublikum eine literarische Empfehlung!

Wir stellen nicht sicher, dass Rezensent*innen, welche unsere Produkte auf dieser Website bewerten, unsere Produkte auch tatsächlich gekauft/gelesen haben.