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Rezension zu
Fairy Tale

Instant love für Radar

Von: Lizzy Curse
20.10.2022

Fairy Tale von Stephan King Es war einmal - so beginnen viele alte Märchen mit einem Happy End oder einem Ende, bei dem die Tränen in den Augenwinkeln kitzeln. Ich dachte, die Geschichte von King und mir wäre eine Geschichte mit einem abrupten, traurigen Ende. In meiner Jugendzeit konnten mich seine Romane nicht wirklich hinter dem Ofen vorlocken. (Ich war wirklich gehyped auf seinen Dunklen Turm - bis ich ihn gelesen und wieder zur Seite gelegt habe). Vor einiger Zeit habe ich wieder zu einem King Buch gegriffen, das von mir das Urteil „ganz nett“ bekommen hat. Und jetzt? Ein Märchen, und das obwohl ich eigentlich keine Märchenerzählungen mag? Das Buch hat mich um ehrlich zu sein ein bisschen verfolgt und ich wollte ihm eine Chance geben, Charlie und Radar eine Chance geben mich zu begeistern - Spoiler: Das ist den beiden auf weite Strecken auch mehr als gut geglückt. Der 17-jährige Charlie hat schon früh seine Mutter verloren und lebt mit seinem Vater (trockener Alkoholiker) zusammen, ein gruseliges altes Haus mit einem gruseligen alten Mann plus Hund in ihrer Nachbarschaft. Bis er eines Tages ein herzzerreißendes Bellen hört und den alten Herrn - Mr. Bowditch - findet, der von der Leiter gefallen ist. Durch diese Rettungsaktion freundet sich Charlie mit dem alten Herren an und verliebt sich in Radar, dessen Hündin. Und mit ihm verlieben sich wohl alle Leser von FairyTale in die alternde Hündin mit ihrem quietsche Spielzeug. Dass der alte Herr ein monumentales Geheimnis hat, ist klar. Aber das Geheimnis wird erst später wirklich wichtig. Was den Leser - was mich - wirklich an die Seiten gefesselt hat, war die Beziehung der Charakter untereinander - das ist mir bei King und bei diesem Buch wirklich positiv aufgefallen. Er hat ein unglaublich gutes Gespür für die Feinheiten der Figuren. Für kleine Eckpunkte von Beziehungen. Für die Fernbedienung nahe der Couch. Für einen geteilten Keks mit Radar (natürlich ohne Schokolade!), bei dem der Leser nicht nur den Keks mit der Hündin teilt, sondern auch sein Herz. Man lernt sie lieben, Charlie, seinen Vater, Radar und Howard Bowditch - und obwohl in der gesamten ersten Hälfte nicht viel geschieht, außer ein paar Andeutungen auf eine gruselige Märchenwelt, geht man jeden Tag mit Charlie zu Mr. Bowditchs Haus und freut sich auf einen weiteren Tag bei ihm. Weil die Figuren real erscheinen, beinahe wie Freunde. Man versteht sie, man versteht ihre Beweggründe und ihre Handlungen. Sowohl in unserer Welt als auch in der Anderwelt, in die wir in der zweiten Hälfte gelangen. Und dieses Handlungsverständnis stellt einen weiteren Punkt dar, den ich über die 880 Seiten an Kings Schreibe sehr zu schätzen gelernt habe. Er lässt die Figuren den Grund erklären, warum sie so handeln, ohne sie zum berühmt berüchtigten Erklärbär werden zu lassen. Ein Verweis auf den „dunklen Brunnen“ in Charlies Kindheit genügt schon, um seine Gedanken und Gefühle greifbarer zu machen. Man hätte genauso gehandelt, wenn man mit dem Hintergrund in diese Situation gekommen wäre - oder? Die zweite Hälfte (alle reden von der ersten und der zweiten Hälfte, wenn sie das Buch diskutieren, oder?), war faszinierend, aber vollkommen anders. Man spürt die Gefahr, die von der zerstörten, dunklen Anderwelt ausgeht, man spürt die kindliche Faszination von Charlie und man spürt die Veränderungen, die in ihm vorgehen. Natürlich muss man als Autor in dem Fall Handlungsbrücken schaffen, die das Einführen neuer Figuren erleichtern oder einige neue Schauplätze erklären. Ein paar Brücken fand ich zu roh gezimmert, Behelfsbrücken so zu sagen, über die man rasch drüber schreitet, um nicht in den dunklen Fluss der Fragen darunter zu stürzen - was mir die Reise mit Charlie über eine gewisse Seitenanzahl hinweg schwer gemacht hat. Aber genau das war es, auf was mich King geschickt hat. Eine Reise, vor der ich mich um ehrlich zu sein ein wenig gefürchtet habe. Immerhin ging es direkt in ein „FairyTale“ - aber das Märchenreich war gänzlich anders als gedacht. Natürlich - hier hütete ein Mädchen Gänse, dort stand ein Topf voll Gold. Aber das alles erlebte ich aus Charlies Sicht, der nicht unreflektiert durch die Gegend stiefelte. King hat seine Welt konzipiert, indem er die Märchen auseinandernahm und nach ihrem Kern suchte, diesen kleinen wahren Kern dann nahm und etwas daraus schuf, das keiner stumpfen Nacherzählungen glich. Charlie kam aus einer von vielen anderen Welten - ich denke, wenn sich jemand anders aus einer anderen Welt in die Anderswelt aufmachen würde, würde der Reisende auch Gleichnisse aus seinem Märchen- und Sagenschatz aufspüren - denn letztendlich sind Märchen nichts anderes als überlieferte Geschichten, die den Menschen an dunklen Abenden Licht und Hoffnung geschenkt haben - diese Hoffnungsbringer existieren denke ich in allen Welten. Letztendlich habe ich die Reise genossen (und Radar konnte ich nicht oft genug hinter den Ohren kraulen!). Abzüge gibt es in der B-Note für die erzählerischen Brücken, die mir zu roh wirkten. Aber King konnte mich über Weite Strecken abholen und mit Charlie und Radar auf eine fantastische (und realistische!) Reise schicken.

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