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Rezension zu
Fräulein Stinnes und die Reise um die Welt

Abenteuerliche Reise nach bewährtem Strickmuster

Von: Marlen Blume
24.05.2022

In seiner neuen Reihe „Verlorene Geschichten“ lässt der blanvalet-Verlag historische Begebenheiten und seine vergessenen Helden wieder auferstehen. Den Anfang macht dabei Clärenore Stinnes und ihre Weltumrundung in einem Automobil in den Jahren 1927 und 1928. Die Geschichte wird erzählt von Lina Jansen und hinter diesem Pseudonym verbirgt sich die bekannte Autorin Beate Maly, die schon viele historische Stoffe zu Romanen verarbeitet hat, zuletzt die Geschichte von Mozarts Schwester „Nannerl“. Doch zurück zu Clärenore und ihrem großen Abenteuer. Die junge Frau stammt aus einer wohlhabenden, eigentlich sogar stinkreichen Familie. Doch nach dem Tod ihres Vaters hat sie keinen Fürsprecher mehr, so dass sie in die Führung der vielen Familienunternehmen nicht einbezogen wird. Clärenore ist das schwarze Schaf der Familie – besonders ihre Mutter kann mit der eigenwilligen jungen Frau nicht viel anfangen. Dass sie Hosen trägt und Autorennen fährt, kann und will sie absolut nicht tolerieren. Daher nabelt sich Clärenore immer mehr von ihrer Familie ab und geht ihren eigenen Weg. Mit einer noch nie dagewesenen Weltumrundung in einem Automobil will sie allen beweisen, was sie - und Frauen allgemein – bewältigen können. Im Buch begleiten wir Clärenore sowie ihre Mitstreiter auf ihrer sehr abenteuerlichen Fahrt. Da es viele Reiseetappen gibt und auch viele Vorkommnisse, ist das Buch in weiten Teilen ein Bericht bzw. liest sich so. Das ist durchaus spannend, aber mir fehlte noch mehr die zwischenmenschliche Komponente. Wie fühlte es sich damals an, als Frau mit drei (weitestgehend fremden) Männern unterwegs zu sein und mit ihnen teilweise im Zelt oder im Auto zu übernachten? Ich hab mir da schon einige Fragen gestellt – es war schließlich eine Zeit, in der noch andere hygienische Bedingungen und moralische Vorstellungen herrschten. Meine Gedanken wurden aber leider im Buch nicht aufgegriffen und ich hatte den Eindruck, Clärenore wurde nach dem bewährten Strickmuster historischer Frauenunterhaltung immer als „Powerfrau“ dargestellt. Ich wäre gern tiefer in ihre Gedanken- und Gefühlswelt abgetaucht um ein noch besseres Bild von ihrem Selbstverständnis zu erhalten, das ich dann mit dem Fremdbild (das die Männer auf der Reise von ihr hatten) gegenüberstellen könnte. So ganz ist mir das nicht gelungen, dafür drang die Geschichte nicht tief genug unter die Oberfläche. Natürlich spielte - auch das ein bewährtes Mittel in Unterhaltungsromanen - eine Liebesgeschichte eine Rolle, die im Laufe des Buches immer größeren Raum einnahm. Dies allerdings ist verständlich und auch historisch verbürgt – schließlich heiratete Clärenore Stinnes ihren Kameramann Carl-Axel Söderström nach ihrer Reise (und nach dessen Scheidung). Fazit: Eine abenteuerliche, spannende Reise mit vielen exotischen Schauplätzen, die auch die Beschwerlichkeit des Reisens zur damaligen Zeit unterstreicht. Die Figuren, allen voran Clärenore, waren mir aber zu wenig differenziert und nicht so tief ausgearbeitet wie von mir erhofft. PS. Der zweite Band der „verlorenen Geschichten“ erscheint Ende September: „Monsieur Jammet und der Traum vom Grand Hotel“ von Ines Thorn.

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