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Rezension zu
Die Vertraute

Leider nur im ersten Drittel spannend

Von: juLiteratur
18.03.2022

Als Lucy 9 Jahre alt war, ist ihr jüngerer Bruder Teddy eines Nachts im Wald verschwunden und nie wieder aufgetaucht. Lucy war zwar dabei - oder zumindest ganz in der Nähe -, weiß aber im Nachhinein selbst nicht mehr, was damals wirklich geschehen ist und was sie sich nur eingebildet hat. Die Unterscheidung zwischen Realität und Fantasie fällt ihr auch als Erwachsene nicht ganz leicht – immer noch hört und sieht sie Eliza, ihre imaginäre Freundin aus Kindertagen. Doch das hat auch Vorteile: Lucy ist mittlerweile Krimiautorin und hat Eliza als Kommissarin zu einer Kultromanfigurgemacht, die sich einer großen Fangemeinde erfreut. Lucys Mann Dan, der selbst gerne als Schriftsteller erfolgreich wäre, fungiert als ihr Agent und verwaltet auch ihr Vermögen – und Lucy versteht die Welt nicht mehr, als er eines Tages hinter ihrem Rücken einfach ein Haus kauft, das er mit ihr beziehen möchte. Denn es ist nicht irgendein Haus, sondern ausgerechnet ein Haus mitten in dem Wald, mit dem Lucy die schrecklichen Erinnerungen an das Verschwinden ihres Bruders verknüpft. Schnell stellt sich die Frage, was Dan im Schilde führt und wie viel er weiß – bis eines Tages auch er plötzlich weg ist … Im ersten Drittel von „Die Vertraute“ bin ich beim Lesen förmlich durch die Seiten geflogen. Gilly Macmillan spinnt hier sehr packend ein Netz aus unheilvollen Andeutungen in einem äußerst thrillertauglichen Setting– das Herrenhaus im Wald, der undurchschaubare Ehemann und die Fantasiefreundin, die Lucy so real erscheint. Dazu im Hintergrund die immer wieder in kurzen Rückblenden eingestreute Geschichte um das rätselhafte Verschwinden ihres Bruders vor 30 Jahren. Ausgerechnet ab dem Punkt, an dem Lucy schließlich auch noch ihr Ehemann abhandenkommt, ließ die Spannung für meine Begriffe allerdings leider deutlich nach. Gedacht war es wahrscheinlich genau umgekehrt, denn schließlich haben wir es mit nunmehr zwei ungeklärten Vermisstenfällen zu tun, und die Protagonistin ist in beiden die Hauptverdächtige - oder zumindest eine wichtige Zeugin. So richtig interessiert sich Lucy aber offenbar nicht dafür, was nun mit ihrem Mann passiert ist. Stattdessen scheint ihr Hauptaugenmerk darauf zu liegen, den Journalisten zu entgehen, die gefühlt wochenlang und pausenlos den Wald belagern, um Fotos oder Statements von ihr zu erhaschen. Ein Szenario, das ein wenig überstrapaziert wurde und mir auch nicht unbedingt realistisch vorkam. Den Mittelteil des Buchs habe ich deswegen leider als ziemlich redundant empfunden. Dazu wurden dann auch noch verschiedene Nachbarspaare in die Story eingeflochten, die für meine Begriffe leider so blass blieben, dass ich sie gar nicht richtig auseinanderhalten konnte. Sie wirkten auf mich lange Zeit wie Lückenfüller, auch wenn einige von ihnen zum Ende hin doch noch mehr oder wenige wichtige Rollen in der Geschichte spielten. Natürlich wollte ich trotzdem wissen, wie das Ganze nun ausgeht – und wurde sehr enttäuscht. Ich kann an dieser Stelle nicht viel verraten, ohne zu spoilern, daher nur das: Keiner der beiden Vermisstenfälle wurde zu meiner Zufriedenheit aufgelöst, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen. Die Hintergründe des einen waren mir zu banal, die des anderen blieben für mich auch am Ende nach wie vor zu unklar. Nicht oft lassen mich Bücher so zwiegespalten zurück wie „Die Vertraute“. Es ließ sich zwar trotz einiger Längen und Wiederholungen wirklich gut lesen, aber die Story überzeugte mich leider nur am Anfang. Zu viele vielversprechende Andeutungen wurden einfach nicht weiterverfolgt, und die Spannungskurve flachte zu schnell und zu deutlich ab. Dazu kam dann noch das für mich sehr unbefriedigende Ende. Daher reicht es an dieser Stelle nicht für eine Empfehlung. Sehr schade, denn die Idee von der nicht ganz in der Wirklichkeit lebenden Schriftstellerin und dem offenbar auf ihren Erfolg neidischen Ehemann hatte wirklich Potenzial. Ich hatte mir mehr davon erhofft. Einen halben Punkt mehr, als es dem Inhalt vielleicht angemessen wäre, vergebe ich dafür, dass ich alles in allem trotzdem ein interessantes Leseerlebnis mit dem Buch hatte. Und sei es vielleicht nur deshalb, weil es meine Fantasie anregte und ich selbst alle möglichen Theorien entwickelte, was mit Dan und mit Lucys Bruder nun passiert sein könnte - auch wenn mir die tatsächliche Auflösung nicht gefiel.

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