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Rezension zu
Ein Hauch von Amerika

Heimatsuche

Von: Martinas Buchwelten
04.02.2022

Auch zu diesem Roman gibt es eine Serienvorlage, allerdings weicht diese vom Film ab. Ich habe die Verfilmung leider nicht gesehen, aber bei der Lovelybooks Leserunde stellte es sich schnell heraus, dass im Roman andere Figuren im Vordergrund stehen. Die Studentin Amelie Werner muss 1933 ihren Traum weiter Kunst zu studieren aufgeben. Ihr Vater, ein überzeugter Sozialist, erkennt die politische Lage und flieht mit seiner Familie vor den Nationalsozialisten. Ihr Ziel ist Paris, wo Amelie eine zweite Heimat findet und wo sie sich wieder ihrer Liebe zur Kunst widmen kann. Doch wir wissen aus der Geschichte, dass ihr dieses Glück nicht lange vergönnt ist und die Familie Werner neuerlich flüchten muss. Es geht über den Atlantik in die Vereingten Staaten, wo sich Amelies Eltern nur sehr schwer eingewöhnen können. Amelie hingegen kann etwas Englisch und findet schnell Arbeit. Aus Amelie wird bald Amy, die noch immer davon träumt ihr Leben der Kunst zu widmen. Als Amy McCoy reist sie achtzehn Jahre später in ihre verhasste Heimat als Gattin des kommendieren amerikanischen Colonels Jim McCoy zurück. Die US-Militärbasis befindet sich im pfälzischen Dorf Kaltenstein, wo Amy noch immer auf Vorurteile und Rassismus trifft. Das nationalsozialistische Gedankengut ist noch nicht wirklich verschwunden und der Argwohn gegen die amerikanische Besatzung ist groß.... Der Roman spielt auf zwei Zeitebenen und zwar in der Vorkriegszeit um 1933 und in der Nachkriegszeit Anfang der Fünfziger Jahre. Die beiden Handlungsstränge wechseln sich ab und so erfahren wir erst nach und nach mehr über die Vergangenheit von Amelie und ihren Mann Jim, der während des Weltkrieges in Korea eingesetzt war. Ich muss zugeben, dass mir eine Geschichte ohne wechselnde Zeiten diesmal besser gefallen hätte. Die Figuren sind sehr facettenreich und haben Stärken und Schwächen. Petra Grill beschreibt das dörfliche Leben exzellent. Die Rolle der Frau ist, wie in den Fünfziger Jahren in Westdeutschland üblich, die der konservativen Hausfrau. Die mondäne Amy passt so gar nicht ins Bild der Dörfler. Einzig mit Marie, die sie als Haushaltshilfe zu sich holt, freundet sich die gefrustete und gelangweilte Amy an. In dem wissbegierigen und intelligenten Mädchen sieht sie sich selbst wieder und möchte sie aus dem dörflichen Leben herausholen. Doch Marie hat ihre eigenen Pläne.... Durch die beiden Zeitebenen wird schnell deutlich warum aus der talentierten und ambitionierten Amelie die lethargische, resignierte Amy geworden ist, die all ihre Träume aufgeben musste. Die Gefühle von Amy, die nie wieder nach Deutschland zurückkommen wollte und sich nun der engstirnigen Dorfgemeinschaft gegenübersieht, konnte ich teilweise sehr gut verstehen. Sie ist eine moderne und gebildete Frau, die sich nicht nur als Anhängsel ihres Mannes sieht. Trotzdem handelt sie oftmals genauso, denn sie hat in den Jahren ihre Träume begraben und möchte diese nun an Marie, ihrem Hausmädchen, weitergeben. Doch wir wissen, dass wir unsere Träume selbst leben müssen und diese nicht von anderen Menschen, die uns meistens nahe stehen, verlangen dürfen. Amy war mir nicht wirklich sympathisch. Sie ist egozentrisch und arrogant und trotzdem konnte ich sie manchmal verstehen und mit ihr mitfühlen. Die Autorin hat mit dieser Geschichte einen etwas anderen Blickwinkel auf die Nachkriegszeit geschaffen, der mir sehr gut gefallen hat. Sie legt viel Wert auf kleine Details und zeigt schonungslos den Rassismus auf, der sich durch die amerikanischen Soldaten, wie auch durch die Dorfbewohner zieht. Dabei werden die schwarzen Soldaten von den eigenen Leuten schikaniert und unterdrückt. Man spürt ebenso die Angst vor dem Kalten Krieg, der in der Nachkriegszeit zwischen der USA und Russland herrschte. Das sozialistische Gedankengut wird sofort unterbunden, Personen bespitzelt und verhaftet. In Deutschland hingegen versuchen sich alle reinzuwaschen. Diese erschreckenden politischen Hintergründe hat Petra Grill perfekt in die Handlung verwoben. Da ich die Serie nicht gesehen habe, kann ich an dieser Stelle nur das Buch bewerten, das mir sehr gut gefallen hat. Fazit: Ein Roman, der eine etwas andere Seite der Vor- und Nachkriegszeit aufzeigt und Themen wie Rassismus, Schuld, Kriegstraumata, aber auch Kunst und deren Schönheit einfängt. Eine Geschichte, die nachdenklich macht und ich gerne weiter empfehle.

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