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Rezension zu
Wo auch immer ihr seid

Weite Wege zur eigenen Familie

Von: amara5
23.08.2021

In „Wo auch immer ihr seid“ nähert sich die ZEIT-Journalistin Khuê Phạm bewegend und lebensnah über mehrere Jahrzehnte hinweg ihrer eigenen vietnamesischen Familiengeschichte und Identität an. Sie erzählt von der 30-jährigen Journalistin Kiêu, die sich einfach Kim nennt, da sie sich ihrer vietnamesischen Herkunft sowie Verwandten nie richtig angenähert hat und der Name in Deutschland leichter auszusprechen ist. Mit ihrem unabhängigen DJ-Freund Dorian lebt sie in der Berliner Gegenwart und erst ein Anruf ihres Onkels Sơn bringt einen Umschwung in ihr Leben – Kiềus Großmutter ist in Little Saigon, Kalifornien, gestorben und die Familie wird zur Testamentseröffnung den Weg in die USA, aber auch in vergrabene Geheimnisse und Verletzungen antreten, denn die Großmutter lüftet im Testament eine lange, verschwiegene (Not-)Lüge. Und auch bei Kiêu ergeben sich während der Erkundung der eigenen Wurzeln neue Wege, die eingeschlagen werden können. Über den Globus verteilt und durch den Krieg auseinandergerissen, wurde bei den Familienmitgliedern die „geografische Distanz zur emotionalen Distanz“ – diese Entfremdung von Herkunft und Familie, aber auch das Leben zwischen verschiedenen Kulturen fängt Khuê Phạm sehr feinfühlig und in wunderschönen Bildern auf. Präzise recherchiert zeichnet sie zudem die Geschichte von Kiêus Vater Minh und dessen Bruder Sơn in wechselnden Kapiteln und Perspektiven sehr authentisch und atmosphärisch nach – denn während Minh während dem Vietnam-Krieg 1968 nach Deutschland zum Studieren übersiedeln konnte, haben Sơn und die Eltern die traumatischen Schrecken des brutalen Krieges erlebt. Der Vater wird in ein Umerziehungslager gesteckt. Khuê Phạms fesselnde und dicht komponierte Familiengeschichte zeigt über Kontinente, Generationen und Kulturen hinweg einen atemberaubenden Einblick in vietnamesische Erfahrungen und Geschichte, in Kriegsschrecken, Aufbruch und Leid, in Migration, Auseinanderdriften und Wiederneuzusammensetzen. Ein empfehlenswertes, mutiges und starkes Debüt! „Wo kommst du her? Zum ersten Mal denke ich, dass man diese Frage auch anders begreifen könnte. Nicht als Frage, die nur der Name eines vermeintlichen Ursprungslandes beantworten kann. Sondern als Suche nach all denen, die vor mir kamen und ihre Spuren auf sichtbare und unsichtbare Weise auf dem Weg in die Gegenwart hinterlassen haben.“ S. 139

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