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Rezension zu
Im Wald der Lügen

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

interessant und berührend

Von: Lesen ist Luxus
05.10.2019

Rezension Im Wald der Lügen von Cynthia Swanson Die Geschichte aus Angies Sicht USA, 1960: Angies Leben scheint perfekt. Verheiratet mit dem unheimlich gut aussehenden, aber etwas älteren Paul, frisch gebackene Mutter eines gesunden Sohns, PJ (eigentlich Paul Junior), zuhause in einem kleinen Cottage. Auch als die Nichte ihres Mannes, Ruby, anruft und berichtet, dass erst ihre Mutter die Familie verlassen hat und sie dann ihren Vater, Pauls Bruder Henry, tot im Wald hinter dem Haus gefunden hat, denkt sie noch, alles könnte geregelt werden. Gemeinsam mit Paul und PJ besteigt sie den nächsten Flieger Richtung New York, fest entschlossen, Ruby die mütterliche Fürsorge zukommen zu lassen, die ihr jetzt sicherlich fehlt. Doch vor Ort ist die siebzehnjährige Ruby seltsam gefasst, spricht kein Wort und hat so gar keine Lust, sich von Angie bemuttern zu lassen. Die Polizei rätselt, was hinter der Geschichte steckt und die Presse wittert Schlagzeilen. Angie ist verwirrt. Nach und nach beschleichen sie Zweifel, ob Paul und Henry, Silja und Ruby, wirklich die Menschen sind bzw. waren, wie sie sie kannte. Die Geschichte aus Rubys Sicht Gleichzeitig liest man Rubys Geschichte. Verwirrend und mysteriös werden hier Hintergründe angerissen, die erst später Sinn ergeben. Wer ist der merkwürdige Shepherd, dem sich Ruby so verbunden fühlt? Was versteckt Ruby im Wald? Wie viel weiß sie wirklich über die Geschehnisse und welche Geheimnisse verbirgt sie? Die Geschichte aus Siljas Sicht Und dann ist da die Geschichte von Rubys Mutter Silja, die in den 1940er Jahren beginnt, als sie Rubys Vater Henry kennenlernte und sich bis ins Jetzt (also 1960) fortsetzt. Silja, von einer finnischen Mutter alleine aufgezogen, verliebt in den Cary Grant ähnlich sehenden Marine-Soldaten Henry; es folgt eine schnelle Hochzeit und als Henry bereits auf See ist, auf dem Weg nach Europa, in den Krieg, stellt sie fest, dass sie schwanger ist. Erst jetzt beichtet sie ihrer Mutter alles, die bedingungslos und pragmatisch hinter ihr steht. Henry ist in seinen Briefen begeistert von der Neuigkeit und freut sich bereits auf seine kleine Familie zuhause. Doch dann kommt alles anders. Als Henry aus dem Krieg zurückkehrt, ist er schwer verletzt. Er kümmert sich zwar rührend um seine Tochter und den Haushalt, hat jedoch keine Absicht, einen Beruf zu ergreifen. Und jeglichen Annäherungsversuch seiner Frau blockt er ab… so hat sich die ehrgeizige und idealistische Silja ihr Leben nicht vorgestellt. Die Geschichten der drei Frauen liest man parallel, jeweils in einzelnen Kapiteln. Mit jedem Stück Geschichte von Silja lernt man diese besser kennen, beginnt zu ahnen, welches Leben sie, Henry und Ruby geführt haben und zu verstehen, wie es zu den aktuellen Ereignissen kommen konnte. Bis sich am Ende alles auflöst… 3 Frauen – 3 Leben Im Wald der Lügen beschreibt das Leben von drei ganz unterschiedlichen Frauen: Angie, die auf den ersten Blick etwas naiv wirkt, verliebt in ihren Ehemann, ist ganz das Bild einer braven Ehefrau, Hausfrau und Mutter in den 1960er Jahren. Doch nach und nach merkt man, dass sie durchaus ein helles Köpfchen ist und ihre eigenen Schlüsse zieht. Ruby, das junge Mädchen, das in einer schwierigen Familie aufwächst, keine Freunde hat und nun tiefer in die Geschehnisse verwickelt scheint, als man auf den ersten Blick denkt. Und Silja, die sich ihr Leben so hart erkämpft hat und nun frustriert ist, schwankend zwischen optimistischen Aktionismus und Resignation. So unterschiedlich sie sind, gemeinsam haben sie eine gewisse Stärke, die dazu führt, dass sie sich zunehmend verändern und die Situation nicht einfach hinnehmen, wie es ist. Die Männer und ihr Hintergrund Die Männer in diesem Roman kommen nicht ganz so gut weg. Auch wenn versucht wird, die Hintergründe zu erklären, scheinen Paul und Henry doch beide ziemlich unsympathisch, jeder auf seine Art. Interessant fand ich den Hintergrund der Geschichte in der Nachkriegszeit, einer Zeit des Aufbruchs. Während es Frauen wie Angie gibt, deren Traum das idyllische Familienleben mit vielen Kindern ist, ein Mann, der für sie sorgt und ihr alle Probleme abnimmt, gibt es eben auch Silja, die selbst beruflich erfolgreich ist und die Belange der Familie selbstständig leitet. Ruby hingegen wächst bereits mit einem ganz anderen Selbstverständnis auf. Auch der Umstand, wie verändert Männer aus dem Krieg nach Hause kommen, was er mit ihnen macht, war sehr gut dargestellt und ein Thema, über das ich mir ehrlicherweise noch nicht allzu viele Gedanken gemacht habe. Es ist sehr schade zu sehen, wie schwer sich die Menschen in dieser Zeit taten, psychologische Hilfe anzunehmen, insofern diese überhaupt angeboten wurde. Während heute bei jedem Verbrechen ein Psychologe Opfer und Angehörige unterstützen kann, war das damals noch sehr unüblich, obwohl man sich kaum vorstellen kann, was es mit der Psyche eines Menschen macht, der solche Gräueltaten erleben oder auch begehen musste. Und natürlich haben sich – damals wie so oft auch heute – die “starken” Männer besonders schwer damit getan, Hilfe jeglicher Art anzunehmen. Hätte Henry das mal nur getan…. Ein packender Roman, bei dem ich mir unsicher bin, ob ich ihm ein wenig mehr Tempo wünschen soll oder nicht – irgendwie ging die Story zwar langsam voran, aber genau das hatte auch seinen Reiz. Ein interessantes Setting mit neuen Eindrücken für den Leser, vor allem, wenn man, wie ich, bisher nicht allzu viel über diese Zeit gelesen hat

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